Eiweiß ist für den Menschen lebensnotwendig. Doch was tun, wenn ungeachtet der Motivation einige der verbreitetsten und hochwertigsten Eiweißquellen nicht zur Ernährung gehören sollen? Wie kann sich ein Vegetarier am besten –am gesündesten– mit den nötigen Aminosäuren, den Baustoffen der Eiweiße versorgen?
Um die nötige Eiweißmenge von rund 1g Eiweiß pro kg Körpergewicht pro Tag zu erhalten, stehen scheinbar unzählige Lebensmittel zur Verfügung. Doch Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß. Wichtig ist die Zusammensetzung aus dem passenden Profil essenzieller Aminosäuren. Und Lebensmittel bestehen aus mehr als nur Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten. Sie enthalten Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe), Antinährstoffe, Pflanzenstoffe mit unterschiedlichen Wechselwirkungen – kurz: Sie sind mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Eine isolierte Betrachtung allein ihres Eiweißgehalts ist daher für die Ermittlung der besten Eiweißquelle nicht ausreichend.
Im Folgenden finden Sie darauf basierend meine Empfehlungen der 5 besten Eiweißquellen für Menschen, die auf Fleisch verzichten, für Vegetarier:
1. Fisch
Streng genommen steht diese Option nur der Subgruppe der Pescitarier offen, also denjenigen Vegetariern, die auch Fisch essen. Für diese jedoch (und auch für nicht-Fleischverzichter) ist Fisch nicht nur eine hervorragende Eiweißquelle, sondern generell eine Möglichkeit, sich mit vielerlei hochwertigen Nährstoffen zu versorgen. Wertvolles Fett (u.a. die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA) und reichlich Vitamine und Mineralstoffe sind enthalten. Und das wichtigste: Fisch eignet sich zum genussvollen Speisen.
Damit das so bleibt, sollten wir ein Auge auf die Fangmethoden und Bestände haben. Makrele, Sardine und Hering geht es in der Regel recht gut, andere Fischarten wie der Wildlachs geraten zunehmend in Bedrängnis (auch durch die Ausbreitung von Aquakulturen) und es ist sicher sinnvoll, vor dem Kauf die unbedenkliche Herkunft sicherzustellen. Das Thema der Schadstoffanreicherung durch die Belastung der Weltmeere sollten Sie nicht unter-, jedoch auch nicht überschätzen.
2. Eier
Eier tragen nicht ohne Grund den Referenzwert 100 des vollständigen Aminosäurenprofils. Darüber hinaus enthalten auch sie unzählige wichtige Nährstoffe, darunter die Vitamine A, D und E sowie Beta-Carotin und Omega-3-Fettsäuren. Diese allerdings abhängig von der Haltungsform der Legehennen, die um ein Vielfaches höherwertige Eier produzieren, wenn sie tatsächlich auf grünen Weiden leben und natürliches Futter bekommen.
3. Joghurt
Joghurt ist ein Milchprodukt und diese sind umstritten, aus gutem Grund. Doch Joghurt ist fermentiert und unterscheidet sich daher grundlegend vom Ausgangsmaterial, der Milch. Das macht ihn nicht völlig unbedenklich, erhöht jedoch seine Verträglichkeit und verringert offenbar zugleich sein Schadpotential.
Durch den Prozess der Milchsäuregärung bleibt eine sicherlich nicht ganz unzweifelhafte, jedoch effektive Eiweißquelle zurück. Zu bevorzugen sind die Produkte mit vollem Fettanteil, oftmals auch als „Griechischer Joghurt“ (gerne aus Schafsmilch) im Handel angeboten. Der Vorbehalt bezüglich der gesamten Gruppe gilt auch für Joghurt, dort jedoch weniger dringlich. (Anmerkung: Gemeint ist purer, reiner Joghurt, kein gezuckertes oder aromatisiertes Produkt.)
4. Quinoa
Quinoa ist ein sogenanntes Pseudogetreide: Es sieht so aus wie Getreide, gehört aber nicht zur Familie der Süßgräser und weist daher andere Eigenschaften auf. So enthält es als eines der wenigen Lebensmittel seiner Gruppe das volle Aminosäurenprofil und keinerlei Gluten. Das enthaltene Eiweiß (ca 14g/100g) kommt allerdings in Begleitung von reichlich Kohlenhydraten in Form von Stärke, wer hier entsprechende Bedenken hat, sollte dies im Hinterkopf behalten.
5. Grünes Gemüse
Grüne Blattgemüse wie Spinat, Grünkohl oder Brokkoli enthalten für Gemüse nicht nur verhältnismäßig viel Eiweiß, sondern auch große Mengen Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Ihr Aminosäurenprofil ist allerdings selten vollständig. Um sich mit allen essenziellen Aminosäuren zu versorgen ist hier eine Kombination nötig.
Trostpreis #1: Kartoffeln
Kartoffeln (und Süßkartoffeln) enthalten zwar in der Regel des volle Aminosäurenprofil, jedoch kommt dies auf Kosten eines hohen Energiegehalts. Beim Versuch seinen Eiweißbedarf vollständig aus Kartoffeln zu decken birgt dies das Potenzial, zu viele Kalorien (vornehmlich durch die enthaltenen Zucker) aufzunehmen.
Trostpreis #2: Tempeh, Miso und Natto
Durch Fermentation entsteht aus Sojabohnen Tempeh, Miso und Natto. Alle drei Produkte basieren zwar letztlich auf einer Hülsenfrucht (Soja), werden jedoch durch die Behandlung für den Menschen verträglicher, da sie die Eiweiße aufschließt und einige Anti-Nährstoffe abbaut. Es ist fraglich, ob diese Produkte wirklich zu emfehlen sind, denn Soja ist u.a. aufgrund des enthaltenen Östrogens umstritten.
Schlechte Wahl: Nüsse, Hülsenfrüchte, Tofu, Getreide
Auch Nüsse enthalten nennenswerte Eiweißmengen, jedoch auch sehr große Mengen Fett in Form mehrfach ungesättigter und somit instabiler Fettsäuren. Auch dies birgt die Gefahr, zu viel Energie aufzunehmen, sowie die Gesundheit durch oxidierende Fette zu gefährden. Die enthaltene Phytinsäure macht einige der übrigen Nährstoffe für den Menschen unzugänglich. Keine Bange: Nüsse sind nicht grundsätzlich schlecht, doch es scheint ratsam, beim Verzehr Maß walten zu lassen.
Hülsenfrüchte gelten als beliebte Eiweißquelle, doch auch sie enthalten viele Antinährstoffe, darunter Lektine, Phytinsäure und Enzyminhibitoren. Wer die Bohnen vor dem Verzehr traditionell behandelt (Einweichen, Ankeimen, Fermentieren) und sie ausreichend kocht, findet eine anständige Eiweißquelle, jedoch in Verbindung mit einem ebenfalls hohen Kohlenhydratanteil.
Tofu ist ein stark verarbeitetes, jedoch (anders als Tempeh, Miso und Natto) nicht fermentiertes Produkt aus der Sojabohne, für das daher die gleichen Bedenken wie für die Sojabohne selbst gelten. In vielen Fällen gesellen sich weitere bedenkliche Zusatzstoffe hinzu.
Getreide enthält in der Regel Gluten und andere Antinährstoffe und ist daher eine eher problematische Eiweißquelle. Es gibt viele Gründe, die gegen den Verzehr sprechen.
Fazit
Vegetarische Ernährung schließt eine gute Eiweißversorgung nicht aus. Es gibt reichlich gute Eiweißquellen für Vegetarier und andere Fleischverzichter. Jedoch sollte bei der Auswahl das Augenmerk nicht allein auf dem Eiweißgehalt oder Aminosäurenprofil eines Lebensmittels liegen, sondern auf dem gesamten Kontext. Dazu gehören die übrigen enthaltenen Nährstoffe und etwaigen Antinährstoffe und sekundären Pflanzenstoffe, sowie der Grad der Verarbeitung. Und nicht zuletzt der Geschmack.
Weiterführende Informationen:
- Urgeschmack: Vegetarische Rezepte
- Urgeschmack: Wie viel Eiweiß soll ich essen?
- Urgeschmack: Was ist hochwertiges Eiweiß?
- Urgeschmack: Was sind Anti-Nährstoffe?
- Urgeschmack: Was ist Gluten?
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