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Was ist Phytinsäure?

Phytinsäure steckt auch in NüssenPflanzen bilden Phytinsäure, um sich gegen den Verzehr zu schützen. Es ist ihr eigenes Pflanzenschutzmittel, ein pflanzliches Pestizid: Die Pest sind Tiere wie wir. Da Phytinsäure Mineralstoffe binden und für die Verdauung unzugänglich machen kann, zählt man sie auch zu den als schädlich geltenden Anti-Nährstoffen. Ist diese Einteilung gerechtfertig? Wirkt Phytinsäure ausschließlich nachteilhaft?

Durch die Einteilung als Anti-Nährstoff landet Phytinsäure (Phytat) in einer Gruppe mit Stoffen wie Gluten und Lektinen: Substanzen in Nahrungsmitteln, die den Menschen unter Umständen nicht nähren, sondern ihm mehr schaden als nutzen.

Was ist Phytinsäure?

  • Phytinsäure dient Pflanzen als Speicher für Phosphat. Die größten Mengen finden sich in Getreiden, Hülsenfrüchten und Nüssen; darunter besonders in Paranüssen, Mandeln, Erbsen, Soja, Hafer und Mais.1
  • Phytinsäure kann andere Mineralstoffe wie Calcium und Magnesium, besonders jedoch Eisen und Zink unlöslich binden. Wir können sie dann nicht mehr verdauen und aufnehmen.
  • Phytinsäure blockiert auch die Verdauungsenzyme Pepsin und Trypsin. Diese Enzyme benötigt der Mensch zum Verdauen von Proteinen.2

Dieses Bild der Dunkelheit und Kälte zeichnen besonders Websites zum Thema der Paläo-Diät (Steinzeiternährung) von Phytinsäure. Die Sonnenseite scheint nicht in ihr Weltbild zu passen:

  • Phytinsäure hat antioxidative Wirkungen und schützt vor Krebs, besonders Darmkrebs.3
  • Phytinsäure kann die Verdauung von Stärke verzögern und dadurch regulierend auf den Blutzuckerspiegel wirken.
  • Phytinsäure kann vor einem Eisen-Überschuss schützen.

Das Enzym Phytase neutralisiert Phytinsäure. Phytase steckt in unterschiedlichen Mengen auch in Pflanzen, in denen Phytinsäure enthalten ist. Das können wir nutzen, indem wir Getreide, Nüsse und Hülsenfrüchte vor dem Verzehr einweichen. So können wir einen Teil des Schadpotentials in diesen Lebensmitteln neutralisieren.4

Auch Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen verfügen in ihren Mägen über Phytase, um Phytinsäure unschädlich zu machen. Menschen verfügen von Natur aus nur über begrenzte Mengen Phytase.

Ist Phytinsäure gut oder schlecht?

Stellt man die Vor- und Nachteile der Phytinsäure gegenüber, ergeben sich diese Schlüsse:

1. Wer seine Mineralstoffversorgung auf Getreide, Nüsse und Hülsenfrüchte basiert, wird damit nicht weit kommen und unter Umständen unter einem Mineralstoffmangel leiden. Dann leidet auch die Gesundheit der Zähne. Besonders von Belang ist das für Vegetarier und Veganer, die oftmals viele ihrer Mikronährstoffe aus Getreideprodukten beziehen. Probiotische Lactobacillaceae als Nahrungsergänzungsmittel könnten in solchen Fällen als Phytaselieferant der Phytinsäure entgegenwirken und einen Nährstoffmangel verhindern.5

2. In einer ausgewogenen Ernährung mit reichlicher Nährstoffversorgung werden die nachteiligen Wirkung der Phytinsäure mit aller Wahrscheinlichkeit keine Rolle spielen.

3. Man kann auf die größten Phytinsäure-Quellen (Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse) verzichten. Phytinsäure allein ist im Normalfall allerdings kein Grund, ein Lebensmittel zu meiden.6

4. Wer den größten Nutzen daraus gewinnen möchte sollte Getreide und Hülsenfrüchte einweichen.

Phytinsäuregehalt verschiedener Lebensmittel

Phytinsäure in Lebensmitteln Tabelle 3.4 Phytinsäure in Lebensmitteln Tabelle 3.5 Phytinsäure in Lebensmitteln Tabelle 3.7
Quelle: N. Rukma Reddy, Shridhar K. Sathe: Food Phytates

Dieser Artikel ist auch als Podcast bzw. Netcast zum Anhören verfügbar: Urgeschmack-Podcast #14: Was ist Phytinsäure

Fußnoten

  1. Schlemmer, U. et al. (2009) Phytate in foods and significance for humans: food sources, intake, processing, bioavailability, protective role and analysis. Mol Nutr Food Res. 2009 Sep;53 Suppl 2:S330–75.
  2. Singh, Madhav et al. (1982) Inhibition of trypsin activity in vitro by phytate. J. Agric. Food Chem., 1982, 30 (4), pp 799–800.
  3. Harland, Barbar F. et al. (1995) Phytate: A good or a bad food component? Nutrition Research, Volume 15, Issue 5, May 1995, Pages 733–754; Vucenik, I. et al. (2003) Cancer Inhibition by Inositol Hexaphosphate (IP6) and Inositol: From Laboratory to Clinic. The Journal of Nutrition, Volume 133, Issue 11, 1 November 2003, Pages 3778S–3784S.
  4. Siehe auch Olschewski, Felix (2017) Getreide und Hülsenfrüchte optimal einweichen. Urgeschmack.
  5. Famularo, G. et al: (2005) Probiotic lactobacilli: An innovative tool to correct the malabsorption syndrome of vegetarians? Medial Hypotheses 2005, Volume 65, Issue 6, Pages 1132–1135.
  6. Tafur, Lucas (2011) Is phytate really a problem? lucastafur.com.

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