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Ist Pflanzenöl eine gute Omega-3-Quelle?

Pflanzenöl Omega-3Pflanzenöle wie Rapsöl und besonders Leinöl werden von der Industrie als gute Quelle für Omega-3-Fettsäuren beworben. Viele Ernährungsberater stimmen dem uneingeschränkt zu. Doch die Datenlage zeigt: Sie irren sich. Das Resultat sind teils fatale Folgen für die Konsumenten.

Warum Omega-3-Fettsäuren?

Omega-3-Fettsäuren sind wichtig für den Menschen – lebenswichtig. Sie erfüllen eine Vielzahl von Funktionen, sind unter anderem relevant für die Gesundheit der Augen und des Gehirns. Eine umfassende Diskussion der Omega-3-Fettsäuren und ihres Wertes findet hier statt: Omega-3-Fettsäuren – ein Kurzüberblick und hier: Brauchen wir Fischöl?

Sind nun also Pflanzenöle gute Quellen für Omega-3-Fettsäuren? Einige, wie Leinöl, enthalten schließlich signifikante Mengen davon und werden entsprechend beworben.

Pflanzenöl als Omega-3-Quelle

Der größte Teil der Pflanzenöle ist leider mit einer Reihe von Nachteilen behaftet. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Olivenöl, Avocadoöl und Kokosöl – ausgerechnet Öle, die keine nennenswerten Omega-3-Fettsäuren enthalten.

Was sind das für Nachteile? Ausführlich besprochen ist dies in diesem Artikel über Pflanzenöle, der sich etwa so zusammenfassen lässt:

  • Pflanzenöle haben meist ein schlechtes Fettsäurenverhältnis: Oft überwiegt der Anteil der Omega-6-Fettsäuren den der Omega-3-Fettsäuren stark. Das gesundheitlich nachteilhaft.
  • Die infrage kommenden Öle enthalten generell große Mengen mehrfach ungesättigter Fettsäuren (PUFA), welche anfällig für Oxidation sind.
  • Die meisten Pflanzenöle sind sehr stark ver- und bearbeitet, darunter der Zusatz von Lösungsmitteln, Bleichung und Desodorierung.
  • Die Produktion von Pflanzenölen kann große Umweltschäden anrichten, da die Pflanzen in Monokulturen angebaut werden und oft sehr anspruchsvoll sind.

Das sind schlagkräftige Argumente gegen Pflanzenöle. Doch spielen wir den Optimalfall durch: Ein Pflanzenöl mit gutem O6:O3-Verhältnis, frisch verarbeitet und kalt gepresst aus Ökolandbau (die Monokultur ignorieren wir einfach). Nehmen wir also ein solches theoretisches Öl aus Leinsamen.

Ist Leinsamenöl eine gute Omega-3-Quelle?

DIe Antwort bedarf der Differenzierung: Es gibt verschiedene Omega-3-Fettsäuren. Sie heißen ALA, EPA und DHA (mehr dazu: Omega-3-Fettsäuren: Ein Kurzüberblick). Während EPA und DHA die wichtige Wirkung für den Menschen haben, gilt nur ALA als essenziell. Denn der menschliche Körper kann EPA und DHA aus ALA synthetisieren. Und welche O3-Form liegt in Leinsamenöl vor? ALA.

Das ist jedoch kein Grund zur Freude. Denn die Effizienz dieser Umwandlung von ALA in EPA liegt bei nur 5%. Die Umwandlung von EPA in DHA funktioniert dann nur noch mit 0.5%.

Das ist wenig. Wer dem entgegenwirken möchte, kann höchstens die Verzehrmenge des Öls erhöhen. Dadurch setzt er sich jedoch viel mehr oxidationsanfälligen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren aus und er konsumiert viele Kalorien.

Ein vereinfachter Überschlag: Jemand trinkt 30ml Leinsamenöl. Rund 17ml davon sind Omega-3-Fettsäuren. Das sind etwa 17000mg. 5% davon werden EPA. Das entspricht 850mg. Der DHA-Pegel steigt um 85mg. Eine absolut geringe Menge Omega-3-Fettsäuren zum „Preis“ von rund 270kcal und 30ml oxidationsanfälliger Fettsäuren.

Aber die Zahlen weichen ab und es gibt neue Ergebnisse!

Das Umwandlungsverhältnis ALA zu EPA und ALA zu DHA ist Objekt vielfacher Untersuchungen und es liegt in der Natur der Sache, dass die Werte dabei leicht abweichen. Eine kurze Suche ergibt eine Bandbreite von etwa 4-6% bzw. 0,1-3,8%. Die Größenordnung ist die gleiche, individuelle Schwankungen sind selbstverständlich.

Und dann gibt es die Studie von 2010 mit dem Namen „Dietary intake and status of n-3 polyunsaturated fatty acids in a population of fish-eating and non-fish-eating meat-eaters, vegetarians, and vegans and the precursor-product ratio of alpha-linolenic acid to long-chain n-3 polyunsaturated fatty acids: results from the EPIC-Norfolk cohort

Diese Untersuchung zeigte ein unerwartetes Bild: Menschen, die keinen Fisch essen und ihre Omega-3-Fettsäuren nur aus Pflanzenöl beziehen, weisen teilweise trotzdem „ausreichend“ hohe EPA/DHA-Werte auf.

Das ließ Pflanzenöl-Fans in aller Welt frohlocken. Denn viele Medien interpretierten es so, als wären alle vorangegangenen Untersuchungen damit nichtig und Pflanzenöle eben doch eine prima Omega-3-Quelle. Besonders freut sich darüber freilich die Lobby der Vegetarier und Veganer. Schaut man sich die Publikation an, sieht man dort jedoch keine konkrete Untersuchung an Menschen, sondern lediglich Statistik.

Und die Autoren schreiben ausdrücklich in ihrer Konklusion: „possibly because the precursor-product ratio was greater in non-fish-eaters than in fish-eaters, potentially indicating increased estimated conversion of ALA. If intervention studies were to confirm these findings…

Drei Worte sind dabei wichtig: Möglicherweise, potenziell und wenn. Mit anderen Worten: Es gibt hier einen Hinweis und wir sollten das genauer untersuchen. Mehr sagt die Studie nicht aus. Dem gegenüber stehen dutzende Arbeiten, in denen direkt am lebenden Menschen die Effizienz der ALA-EPA/ALA-DHA-Umwandung untersucht wurde.

Sicher wäre es schön, wenn Menschen unter Umständen doch mehr mit ALA anfangen könnten. Aber derzeit wiegen die Beweise des Gegenteils wesentlich mehr als diese eine Untersuchung. Sicherlich wird dies weiter erforscht.

Bis die Ergebnisse erscheinen, sollten wir offenbar davon ausgehen, dass Pflanzenöle grundsätzlich eher schlechte Omega-3-Quellen sind. Oder präzise ausgedrückt: Dass Pflanzenöle sich schlecht zur Versorgung mit EPA und DHA eignen.

Fazit: Gute Omega-3-Quellen

Pflanzenöle sind keine guten Omega-3-Quellen. Die wertvollen Fettsäuren EPA und DHA können wir Menschen daraus nur mit sehr geringer Effizienz synthetisieren. Eine Erhöhung des gesamten Fettverzehrs zum Ausgleich ist aufgrund der PUFA- und Kaloriendichte selbst im Optimalfall (sehr hochwertiges und entsprechend teures Öl) kaum ratsam.

Die beste Lösung ist daher, sich direkt mit EPA und DHA zu versorgen. Auf dem Weg umgeht man die inefffiziente Umwandlung, die zusätzlichen Kalorien und größere PUFA-Mengen. Und woher bekommt man EPA und DHA direkt? Praktisch nur aus tierischen Quellen, allen voran Fisch.

Die benötigten Omega-3-Mengen richten sich zudem auch nach dem Omega-6-Verzehr. Wer nur wenig Omega-6 konsumiert, benötigt entsprechend weniger Omega-3.

Quellen und weiterführende Informationen:

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