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Ist Rapsöl gesund?

Ist Rapsöl gesund?Mitte des 20. Jahrhunderts wurden in der sogenannten zivilisierten Welt gesättigte Fette als schwer gesundheistschädlich diffamiert. Zu Unrecht, wie wir wissen: Gesättigtes Fett ist lebenswichtig. Trotzdem musste eine Alternative her. Und natürlich sahen auch die stets hilfreichen Medien den Heilsbringer gerne im völligen Gegenteil, in diesem Fall den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Seitdem gelten mehrfach ungesättigte Fettsäuren als ausnahmslos gesund. Auch das zu Unrecht. Als einer der Stars der Fett- und Ölwelt gilt heute Rapsöl, quasi ein Synonym für den absurden Begriff „gutes Fett“ – je nachdem, wen man fragt. Aber ist Rapsöl wirklich gesund?

Was spricht für Rapsöl?

Rapsöl wird meist beworben als reich an ungesättigten Fettsäuren. Es sei hoch erhitzbar und enthielte im Vergleich zu anderen Pflanzenölen ein gutes Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren. Das stimmt alles. Es schmeckt heutzutage sogar halbwegs neutral (wobei es im Auge des Betrachters liegt, ob dies wirklich ein Vorteil ist) und es ist billig.

Was spricht gegen Rapsöl?

Vieles von dem, was die Werbung als Vorzug des Rapsöls anführt, kann diesem Produkt tatsächlich zum Nachteil gereichen.

Ungesättigte und besonders mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind instabil und anfällig für Oxidation. Das Öl wird schnell ranzig und wenn das aufgrund unsachgemäßer Lagerung (Licht, Wärme) nicht schon im Supermarktregal passiert ist, kann es auch nach dem Verzehr noch im Körper oxidieren. Das betrifft jedes Öl, das reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist, also auch Leinöl, Walnussöl oder Mandelöl.

Das Omega-Fettsäurenverhältnis von Rapsöl ist tatsächlich in der Regel ein recht ordentliches. Allerdings handelt es sich bei der enthaltenen Omega-3-Fettsäure ausschließlich um die Form ALA (Alpha-Linolenic Acid), welche vom Menschen nur zu rund 5% in die wertvolleren Formen EPA und DHA umgewandelt werden kann. Selbst wenn den Konsumenten das nicht stört, handelt es sich hier noch immer um mehrfach ungesättigte und somit instabile Fettsäuren.

Um das Öl zu stabilisieren und hitzeunempfindlicher zu machen, wird es im industriellen Prozess oft gehärtet oder teilgehärtet, dabei können die gesundheitsgefährdenden trans-Fettsäuren entstehen. Zuvor dient das giftige Hexan als Lösungsmittel, um das Öl zu separieren. Es folgen weitere Reinigungsschritte, eine Bleichung und eine Desodorierung. Insgesamt erfährt das Öl eine sehr starke Behandlung und Verarbeitung, bis es den Verbraucher erreicht.

Diese Modifikation beschränkt sich allerdings nicht auf das Öl: Schon die gesamte Pflanze wurde seit Jahrzehnten genetisch manipuliert und gezüchtet, um sie widerstandsfähiger gegen Pestizide und Herbizide zu machen, die bei ihrem Anbau in Monokulturen oft zum Einsatz kommen.

Die wichtigste dieser Modifikationen betrifft die Zucht hin auf einen geringeren Erucasäuregehalt. Es ist umstritten, ob Erucasäure, eine einfach ungesättigte Fettsäure, wirklich gesundheitsschädlich für den Menschen ist. Dennoch dürfen Speiseöle und -fette und ihre Mischungen in Deutschland seit 1977 nur noch maximal 5% Erucasäure enthalten. Um dies umzusetzen, züchtet man Rapspflanzen stark auf diese Qualität hin, was den Anbau praktisch erst seit Ende der 70er Jahre sinnvoll macht.

Kalt gepresst?

Rapsöl ist auch aus Kaltpressung erhältlich. Und es ist nur fair, zu erwähnen, dass derart hergestelltes Öl keine besonders aufwändige Verarbeitung erfährt: Es wird gepresst, anschließend gefiltert und verkauft. Es bleibt bei der Problematik der instabilen Fettsäuren, die es mit zahlreichen anderen Pflanzen- und Nussölen teilt. Durch Verwendung von Braunglasflaschen und kühle Lagerung lässt sich dem zumindest weitgehend entgegenkommen. Jedoch entsteht auch bei der Kaltpressung Wärme. Abhängig ist die Ölqualität stark vom Ausgangsmaterial – und eine Kaltpressung schließt die Verwendung von Pestiziden oder Gentechnisch manipulierten Pflanzen nicht aus.

Fazit: Ist Rapsöl gesund?

Ist Rapsöl gesund? Ist es ungesund? Rapsöl hat keine besonderen, gesundheitsförderlichen Eigenschaften. Es verleiht keine Superkräfte. Kaltgepresstes Rapsöl scheint auch keine außergewöhnlichen Gesundheitsrisiken zu bergen – instabile, leicht oxidierende Öle gibt es viele. Industriell hergestelltes Rapsöl, das den oben genannten, vielfältigen Herstellungsprozess durchlaufen hat, birgt durch die potentiell enthaltenen trans-Fettsäuren und mit größerer Wahrscheinlichkeit längst ranzigen Fettsäuren tatsächlich ein nennenswertes Gesundheitsrisiko.

Um die natürliche Rapspflanze in ein genießbares Öl zu verwandeln, ist ein großer Aufwand in praktisch allen Produktionsstufen nötig. Das alles für ein empfindliches Öl, das keinen besonderen Geschmack bietet. Warum sollte man Rapsöl verwenden, wenn es so viele schmackhafte Alternativen gibt?

Olivenöl lässt sich leichter gewinnen, es ist stabiler und in vielen Geschmacksvarianten erhältlich. Und es bringt im Normalfall praktisch keine Risiken mit sich. Wenn es höher erhitzbar sein soll, hilft Schmalz oder Kokosfett. Für die Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren eignen sich Fisch, Eier aus Weidehaltung und auch Fleisch aus Weidehaltung. Alternativen gibt es also genügend.

Der Grund, warum Pflanzenfette wie Rapsöl heute so weit verbreitet sind, ist eine ungerechtfertigte Tierfett-Phobie vor über 60 Jahren. Das war das letzte Jahrtausend. Die Menschheit weiß heute mehr. Dementsprechend sollte auch die Wahl des Verbrauchers auf nützliche, naheliegende Fette fallen.

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