Dieser Artikel ist auch als Podcast bzw. Netcast zum Anhören verfügbar: Urgeschmack-Podcast #12: Mittel gegen die Desertifikation
Wir wissen nun, auf welche Weise die konventionelle Landwirtschaft zur Zerstörung unserer Böden und zur Desertifikation beiträgt und dass auch der ökologische Landbau nach EG-Öko-Richtlinie dies nicht ganz vermeiden kann. Wir wissen jedoch auch, dass wir auf die Böden, die Muttererde angewiesen sind, denn von dort kommen die Pflanzen, die uns ernähren. Was folgt also aus diesen Erkenntnissen? Können wir Desertifikation stoppen?
Permakultur oder perennierende Polykultur
Es überrascht kaum, dass die scheinbar beste Lösung aus der Natur kommt. In der Natur herrschen keine jährlichen Monokulturen, sondern mehrjährige (perennierende) Polykulturen vor. Das bedeutet: Die Pflanzen leben viele Jahre und tragen dementsprechend nicht nur ein Mal Früchte, sondern jedes Jahr. Und auf einer Fläche steht nicht nur eine einzige Pflanzenart, sondern viele verschiedene Sorten, die teils voneinander profitieren. Aber wie muss man sich das vorstellen? Dieser Beitrag zeigt mit Videos, wie so etwas aussehen kann: Der Bauernhof der Zukunft.
Eine Form dieser Polykultur, auch Mischkultur genannt, ist der Etagenanbau, der teilweise im Regenwald betrieben wird. Bei diesem System werden zu den wilden Pflanzen beispielsweise in den hohen Bäumen Kokosnüsse genutzt, in der Etage darunter Bananen und am Boden Gemüse wie Süßkartoffeln. Auf diese Weise wird die Ursprünglichkeit des Waldes kaum gestört, es existieren viele Arten gleichzeitig und der Boden ist stets geschützt.
Auch die Anfälligkeit für Krankheiten ist auf diese Weise viel geringer, da meist nur eine einzelne Art betroffen ist und eine großflächige Ausbreitung kaum stattfinden kann. Bauern, die so wirtschaften, sind auch weniger gefährdet durch Schwankungen des Weltmarktpreises bestimmter Lebensmittel, weil sie mehrere verschiedene Produkte erzeugen.
Kann eine Mischkultur auch außerhalb des Regenwaldes existieren?
Das Konzept ist universell, denn es ist so alt wie die Natur selbst. In jedem natürlich gewachsenen Wald existieren mehrere Pflanzenschichten übereinander und es herrscht eine große Vielfalt. Für unser Klima denkbar sind verschiedene Wurzelgemüse, Beerensträucher, Obstbäume und darüber Nussbäume.
Zur Nahrungsversorgung arbeitet man auf der ganzen Welt vereinzelt mit diesem Konzept. Dabei erreichen die Landwirte teils enorm hohe Produktivitätsraten, die über denen der industriellen Landwirtschaft liegen. Vorreiter auf diesem Gebiet sind Menschen wie Wes Jackson oder Eric Toensmeier, die ihre Zeit der Erforschung möglichst effizient nutzbarer Spezies- und Pflanzenkombinationen widmen.
Auch der Begriff Permakultur fällt oft in diesem Zusammenhang. Gemeint ist eine dauerhaft funktionierende, also nachhaltige Schaffung naturnaher Kreisläufe.
Gemeinsam haben diese Ansätze, dass sie im Wesentlichen eine Abkehr von der Landwirtschaft im bisherigen Sinne bedeuten. Mit Bezug auf die Belastung der Böden demonstrieren sie eine positive Lösung, denn es handelt sich bei korrekter Handhabung um natürliche und selbst regenerierende Systeme. Die Böden sind stets gefestigt und bedeckt und werden stabil mit Nährstoffen und Feuchtigkeit versorgt.
Umdenken erforderlich
Zugleich erfordert diese Art der Nahrungsmittelerzeugung auch ein Umdenken im Bereich der Logistik. Es versteht sich von selbst, dass eine zentralisierte Versorgung und globaler Transport von Lebensmitteln mit dieser Art der Mischkultur keinen Sinn ergibt. Und auch die Art der konsumierten Lebensmittel unterscheidet sich von dem, was die Menschen bisher gewohnt sind.
Während sich beim Obst nicht viel änder muss, würden viele der bisher bekannten Gemüsesorten nicht mehr angebaut. Zahlreiche bislang exotisch anmutende Gewächse wie Jamswurzel oder Meerkohl hielten Einzug in unsere Küchen. Aber auch alte bekannte wie Rhabarber, Spargel, Nesseln oder Ampfer wachsen mehrjährig und lassen sich effizient in Mischkultur anbauen.
Auch im Bereich der übrigen Flächennutzung gibt es zahlreiche bereits erfolgreiche Ansätze, die Erde zu schützen. Ein Beispiel ist Chinas Grüne Mauer. Ein Projekt, in dessen Rahmen parallel zur Chinesischen Mauer ein 100km breiter Streifen mit Bäumen bepflanzt wird, um die weitere Verwüstung zu verhindern. Es handelt sich um das größte Wiederaufforstungsprojekt der Menschheitsgeschichte. Mit Erfolg: Die Desertifikation wurde bereits verlangsamt. In Afrika arbeitet man an einem ähnlichen Projekt unter anderem am südlichen Rand der Sahara.
Die Zukunft der Landwirtschaft?
Es gibt demnach Möglichkeiten, die weltweite Verschlechterung der Böden, von denen unser aller Leben abhängt, aufzuhalten. Doch damit es dazu kommt, muss ein Umdenken stattfinden. In jedem Fall kommen große Veränderungen auf die Menschheit zu. Dazu gehört vor allem, Gewohnheiten aufzugeben oder zu verändern und Dinge nicht mehr als selbstverständlich zu betrachten, über die bislang oft nicht weiter nachgedacht wurde.
Diesem Artikel gingen zwei Beiträge direkt voraus, zusammen bilden sie eine kleine Serie:
Weitere Konzepte zum Aufhalten der Bodendegradation werden hier beschrieben:
Foto: Carla Antonini
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