Dieser Artikel ist auch als Podcast bzw. Netcast zum Anhören verfügbar: Urgeschmack-Podcast #10: Wo kommt das Gemüse her?
Egal wie groß die Umwege manchmal sein mögen: All unsere Lebensmittel stammen aus der Natur. Der Mensch ist Teil einer Nahrungskette der er sich, will er überleben, nicht entziehen kann. Dass der Brokkoli irgendwo auf einem Feld wächst, ist vielen bekannt. Ein paar Menschen wissen auch noch, dass in Fischstäbchen der Seehecht steckt, der den Hering frisst, der den Ruderfußkrebs frisst, der sich von Algen, also Pflanzen, ernährt. Auch Rinder, deren Fleisch wir konsumieren, ernähren sich von Pflanzen. Und wo kommen die Pflanzen her? Aus dem Boden. Wirklich?
Wie wächst das Gemüse, das uns alle ernährt?
Eine einzige Handvoll Erde enthält mehr Lebewesen, als Menschen auf dem Planeten leben. Bei diesen Organismen handelt es sich um die sogenannten Destruenten. Sie zersetzen totes organisches Material in Mineralstoffe und stellen sie den Pflanzen zur Verfügung, die die Grundlage allen Lebens auf der Erde darstellen.
Algen, Bakterien und Pilze, aber auch Milben, Käfer und Regenwürmer leben im Boden und sorgen dafür, dass Laub, Kadaver und Tierkot abgebaut und für Pflanzen zugänglich werden. Auf gewisse Weise „bauen“ diese Wesen den Boden. Aber was passiert da genau?
Wie jedes Lebewesen, benötigen auch Pflanzen Nährstoffe, um zu wachsen. Ihre Nahrung besteht aus Mineralstoffen wie Phosphor, Magnesium und Kalzium und diese bekommen sie aus dem Boden. Doch auch dort sind diese Nährstoffe nur begrenzt verfügbar. Der Grund dafür, dass ein kontinuierliches Pflanzenwachstum dennoch möglich ist, ist der sogenannte Stoffkreislauf. Das ist eine Art effizientes Recyclingsystem, in dem totes organisches Material wie abgestorbene Blätter und Zweige, ganze Bäume, Tierkot und Kadaver zersetzt und wieder als anorganische Substanzen, nämlich Mineralstoffe, verfügbar wird. Eine ganze Reihe unscheinbarer Wesen arbeitet in diesem Recyclingsystem.
Bakterien und Pilze machen sich umgehend über jedes organische Material her, das tot auf dem Boden landet. Sie spalten die Substanzen in die von Pflanzen benötigten Mineralstoffe auf. Größere Tiere wie Asseln und Termiten fungieren dabei als Zerkleinerer: Sie zersetzen die größeren organischen Stücke nur teilweise. Bakterien und Pilzen können ihre organischen Ausscheidungen anschließend schneller aufspalten.
Ein fleißiger Arbeiter
Einer der wohl bekanntesten Vertreter dieser Gruppe von Arbeitern ist der Regenwurm. Charles Darwin hat sich bereits vor 130 Jahren eingehend mit diesem Tier befasst. In seinem Buch „Die Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer“ schreibt er, dass Regenwürmer pro Hektar jährlich mehr als 45t Erde umsetzen. In tropischen Gebieten geht man heute von bis zu 200t aus. Das ist ein enorm wichtiger Beitrag zur Bodenfruchtbarkeit und Humusbildung, denn durch ihre Grabtätigkeit lockern und durchlüften die Tiere den Boden und erhöhen dessen Wasserkapazität. Nachts kommen Regenwürmer an die Erdoberfläche und ziehen abgestorbene Blätter in ihre Bauten, wo sie sie verzehren. Nach dem Ausscheiden kümmern sich Bakterien um die weitere Zersetzung des Materials. Doch auch die bereits teilweise gefressenen Reste werden vom Regenwurm verdaut und vermischt.
Ohne die Dienste solcher Arbeiter könnten Pflanzen kaum wachsen, die ihrerseits Ernährungsgrundlage für Tiere und Menschen sind.
Pflanzen, man nennt sie auch Produzenten, verarbeiten die anorganischen Mineralstoffe des Bodens mit Hilfe von Sonnenlicht zu organischem Material. Tiere und Menschen sind hingegen Konsumenten. Sie ernähren sich von dem organischen Material der Pflanzen und von anderen Tieren. Und nach ihrem Tod werden sie von den Destruenten genau wie ihre Ausscheidungen und abgestorbenes Pflanzenmaterial wieder in anorganische Mineralstoffe zersetzt. So funktioniert der natürliche Stoffkreislauf: Es geht nichts verloren und es muss nichts hinzugefügt werden.
In Bezug auf die Verwendung natürlicher Ressourcen ist es also kein grundsätzliches Problem, beispielsweise einen Baum zu fällen, um Papier daraus zu machen. Die Problematik liegt eher darin, dass das daraus hergestellte Papier nicht auch in dem gleichen Wald weggeworfen wird. Die Nährstoffe werden dem Boden entzogen und nicht wieder zugeführt, der lokale Stoffkreislauf wird unterbrochen. Durch die immer weiter zentralisierte Wirtschaft wurden so über Jahrhunderte Nährstoffe verfrachtet und ein Ungleichgewicht geschaffen.
Eine besonders auffällige Manifestation eines solchen Ungleichgewichts findet sich in zahlreichen Gärten. Viele Menschen sammeln ihre Gartenabfälle regelmäßig zusammen und fahren sie zu einer Mülldeponie, entfernen die enthaltenen Nährstoffe somit aus ihrem kleinen Garten-Ökosystem. Um ihre Pflanzen mit Nährstoffen zu versorgen, kaufen sie anschließend kommerziellen Dünger. Nicht selten handelt es sich dabei um Mineraldünger, der mit Hilfe fossiler Energie hergestellt wird. Insgesamt handelt es sich hierbei um eine Störung des natürlichen Stoffkreislaufs und einen unnötigen Umweg. Durch das Kompostieren der eigenen Garten- und Küchenabfälle entsteht ein hochwertiger Dünger und es kann viel Arbeit und Geld gespart werden, zugleich wird ein gesundes Garten-Ökosystem erhalten.
Unser Gemüse wächst also nicht von ganz alleine, sondern eine Vielzahl von Lebewesen und Prozessen ist daran beteiligt. Damit der Mensch sich nachhaltig ernähren kann, ist er auf gesunde Böden angewiesen. Langfristig kann für den Menschen also nur eine Ernährung gesund sein, die auf die Erde und die darin lebenden Tiere Rücksicht nimmt, damit wir auch in Zukunft noch auf dieses für uns alle lebenswichtige System zugreifen können.
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