Es gibt viele Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Fleisch und zahlreichen Erkrankungen herstellen. Doch bis heute handelt es sich dabei allein um Korrelationen, um statistische Zusammenhänge. Eine tatsächliche, negative Wirkung von z.B. Fleisch auf die Gesundheit nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung konnte nicht nachgewiesen werden. Dennoch gibt es viele verdächtige Inhaltsstoffe, deren isolierte Wirkungen auch gut untersucht sind. Darunter die Arachidonsäure.
Was ist Arachidonsäure?
Arachidonsäure (kurz AA von engl. Arachidonic Acid) ist eine mehrfach ungesättigte Fettsäure aus der Gruppe der Omega-6-Fettsäuren. Tierische Organismen synthetisieren sie aus Linolsäure. Arachidonsäure dient als Grundbaustein vieler wichtiger Stoffe im Körper, so ist das daraus hergestellte PGF2alpha wichtig für das Muskelwachstum. Doch auch AA selbst ist wichtig: Sie ist eine der am häufigsten im Gehirn vorkommenden Fettsäuren und spielt eine Rolle in der Entstehung von Geisteskrankheiten.
Wie wirkt Arachidonsäure?
Aus Arachidonsäure stellt der Körper unter anderem die sogenannten Eicosanoide her, eine Gruppe von Stoffen, deren Erforschung sich besonders auch Dr. Barry Sears (seinerseits Entwickler der Zone-Ernährung) verschrieben hat. Eicosanoide sind spezifische Steuer- oder Signalmoleküle, welche Einfluss auf eine Vielzahl von Prozessen im Körper haben, darunter Hormone und Entzündungsprozesse.
Da dieser Bereich noch nicht abschließend erforscht ist, beschränken wir uns auf die als gesichert geltenden Informationen: Einige Fettsäuren sind die Grundlage für die Entstehung verschiedener Eicosanoide und haben direkt oder indirekt Einfluss auf Entzündungsreaktionen im Körper. Sie gelten als pro-inflammatorisch (oder einfach inflammatorisch) oder anti-inflammatorisch. Dementsprechend begünstigen oder lindern sie Entzündungsreaktionen wie Rheuma, Arthritis oder Arthrose – und Herz-Gefäßerkrankungen.
Die halbe Wahrheit
Arachidonsäure kann auf diesem Wege Entzündungsreaktionen fördern und aus diesem Grund rieten und raten viele Mediziner von ihrem Verzehr ab, besonders bei Risikopatienten und ganz besonders im Falle von Herz-Gefäßerkrankungen.
Tatsächlich sind die Untersuchungsergebnisse jedoch nicht eindeutig und es gibt gemischte Hinweise auf sowohl pro- als auch anti-inflammatorische Wirkungen der Arachidonsäure. Relevant ist allem Anschein nach die Art der Verstoffwechselung und somit nicht nur der Kontext der gesamten Ernährung, sondern auch der Zustand des Organismus.
Richtig ist, dass sich die Symptome von Menschen mit Gelenkschmerzen beim Verzehr großer Mengen AA verschlimmern können und dass sich für Patienten mit entsprechendem Krankheitsbild ein achtsamer Arachidonsäure-Konsum empfiehlt. Arachidonsäure kann auch die anti-inflammatorischen Effekte von Omega-3-Fettsäuren kontern.
Der Wahrheit zweite Hälfte
Jedoch sind auch Entzündungsreaktionen wichtig für den Körper. Andernfalls würde der Mensch durch viele sonst harmlose Verletzungen größeren Schaden nehmen. Entzündungen sind Teil des Heilungsprozesses.
Haarausfall, Hautprobleme, Unfruchtbarkeit sowie Schizophrenie, Depressionen und biploare Störungen bringen Forscher mit einem Mangel an Arachidonsäure in Verbindung. Da AA ein wichtiger Bestandteil des Gehirns ist (s.o.), leuchtet speziell der Zusammenhang zu Geisteskrankheiten ein.
Forscher untersuchten einen täglichen Verzehr von bis zu 1500mg Arachidonsäure über einen längeren Zeitraum und konnten keinerlei negative gesundheitliche Auswirkungen feststellen. Dies gilt als eine moderate AA-Einnahme. Zum Vergleich: Ein Hühnerei (~63g) enthält rund 70mg* Arachidonsäure. 10 Eier Pro Tag wären demnach nicht einmal annährend ein Problem in Hinsicht auf AA.
* Je nach Quelle schwankt dieser Wert immens bis zum Faktor 5, daher sollten Sie solche Angaben stets mit Vorsicht genießen. Doch selbst bei 350mg AA pro Ei wären noch 4-5 Eier Pro Tag nachweislich kein Problem.
Um beim Beispiel des Eies zu bleiben: Der Großteil der Arachidonsäure sitzt im Eigelb und viele Menschen nehmen dies zum Anlass, Eier nur noch ohne Eigelb zu essen. Abgesehen vom Verlust des Geschmacks reißen sie so jedoch das Ei als ganzes aus dem Kontext: Der Großteil der wertvollen Nährstoffe des Eies sitzt im Eigelb. Darunter auch die Omega-3-Fettsäuren, deren Wirkung gerade der Ausgleich derer von Omega-6-Fettsäuren wie der Arachidonsäure ist.
Produkte aus tiergerechter Haltung, d.h. zum Beispiel Weidefleisch oder Eier aus Wiesen-Freilandhaltung, enthalten in der Regel geringere Mengen Arachidonsäure als die Ware aus konventioneller Produktion. Gleichzeitig ist ihr Anteil an Omega-3-Fettsäuren höher. Sollte also die Reduktion des AA-Konsums im Einzelfall wirklich ein Thema sein, wäre dies ein guter Weg, sich dennoch weiter optimal mit Nährstoffen zu versorgen.
Gefahr durch Pflanzenöle
Nicht zu vergessen ist, wie anfangs erwähnt, dass Tiere (und dazu gehören die Menschen) Arachidonsäure aus Linolsäure synthetisieren. Und wo kommt Linolsäure vor? In Pflanzenölen. Gemeint sind die Öle reich an Omega-6-Fettsäuren wie Distelöl, Sonnenblumenöl, Rapsöl, Sojaöl oder Maisöl. Diese sind auch reichlich enthalten in Fertiggerichten und Fast Food aller Art. Wer effektiv seinen AA-Spiegel senken möchte, kann dies wesentlich schneller durch eine Reduktion seines Pflanzenöl-Konsums erreichen als durch den Verzicht auf geringe Mengen sonst nährstoffreicher Lebensmittel.
Auch die menschliche Muttermilch enthält Arachidonsäure. Es ist schwer vorstellbar, dass sich dies in der Evolution durchgesetzt hätte, wenn AA wirklich ungesund wäre.
Fazit
Arachidonsäure ist nicht ungesund. Vielmehr ist sie ein lebensnotwendiger Stoff mit wichtigen Funktionen.
Relevant für ihre tatsächliche Auswirkung im Körper ist der Kontext sowohl der gesamten Ernährung als auch des Körperzustandes. Bei sehr einseitiger Ernährung oder entsprechenden Vorerkrankungen kann Arachidonsäure durchaus Mitursache für weitere Probleme sein. Schuld daran ist jedoch nicht die Fettsäure selbst, sondern der Kontext, der mangelnde Ausgleich.
Ein Ausgleich, eine Balance, wie sie sich in der Regel durch eine vielseitige Ernährung von echten Lebensmitteln mühelos finden lässt. Zu viel Arachidonsäure ist in der Tat ungesund. Das bedingt bereits die Formulierung. Auch zu viel Wasser ist ungesund und zu viele Vitamine ebenfalls.
Aktuelle, handfeste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine moderate Einnahme von Arachidonsäure im Normalfall kein Problem darstellt. Konkret kann dies beispielsweise 5-10 Eier pro Tag und mehr bedeuten.
Quellen und weiterführende Informationen:
- The effect of dietary arachidonic acid on platelet function, platelet fatty acid composition, and blood coagulation in humans.
- Effects of arachidonate-enriched triacylglycerol supplementation on serum fatty acids and platelet aggregation in healthy male subjects with a fish diet.
- Effects of dietary supplementation with arachidonic acid on platelet and renal function in patients with cirrhosis.
- Changes in whole blood and clinical safety markers over 50 days of concomitant arachidonic acid supplementation and resistance training.
- Omega-6 Fatty Acids and Risk for Cardiovascular Disease
- Fett: Gesättigt oder ungesättigt?
- Fett: Eine Zusammenfassung
- Omega-3-Fettsäuren
- Fleisch als Medizin: Grasgefütterte Rinder
- Sind Eier gesund?
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