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Bio – die Messlatte höher legen

Bioprodukte sind längst im Mainstream angekommen, selbst der letzte Discounter hat die Ware mit dem grünen Siegel im Programm. Unkritische Zeitgenossen feiern dies als endgültigen Sieg des ökologischen Landbaus. Doch bedeutet die Positionierung von Bioprodukten direkt neben billigster Massenware nicht vielmehr, dass Bio sich genau der Industrialisierung gefügt hat, gegen die der Gedanke ursprünglich angetreten ist?

Falsches Idyll

Was wir heute als Bioprodukte vorfinden ist keinesfalls immer nachhaltig, regional produziert oder saisonal erzeugt. Vielmehr haben sich sowohl das EG-Öko-Siegel, als auch die deutschen Bio-Anbauverbände immer stärker der Industrie und ihren Vertriebswegen angenährt. Das Ergebnis: Eine Entwertung der Bio-Idee.

Wer in einen Supermarkt geht und gedankenlos grün etikettierte Produkte kauft, nimmt genauso an der industriellen und konventionellen Lebensmittelproduktion teil wie jemand, der nicht auf das kleine Siegel achtet.

Der ökologische Landbau ist weit gekommen und es ist großartig, wie viel Fläche heute biologisch bewirtschaftet wird, statt regelmäßige Gift-Duschen zu erfahren. Ohne die vor mehreren Jahrzehnten gestarteten Bio-Initiativen wäre es dazu nicht so schnell gekommen.

Doch es ist Zeit, die Messlatte ein gutes Stück höher zu legen. Denn die Vorstöße gegen industrialisierte Landwirtschaft waren in der Vergangenheit meist lediglich defensive Reaktionen. Auf Bekanntwerden des regelmäßigen Antibiotikaeinsatztes in der Hähnchenzucht reagierte man mit Forderungen nach Kontrollen, einer Einschränkung oder einem Stopp des Antibiotikaeinsatzes. Im Ergebnis erfuhr das Modell der industriellen Hähnchenmast Bestätigung und erhielt lediglich eine Kurskorrektur als Ergänzung.

Angriff ist die beste Verteidigung

Sich neben der Industrie einzureihen oder lediglich leichte Kritik zu äußern bestätigt ihre Position. Erst eine Alternative, eine völlig andere Art Angebot, welche Konsumenten direkt weg vom industriellen Angebot lockt, ist eine starke Gegenposition. Dieser „Angriff“ wäre stark und möglicherweise nicht erfolgreich, doch wäre die Gegenseite gezwungen, ihrerseits Zugeständnisse zu machen.

Mit anderen Worten: Politik und ihre Umsetzungen erreichen nie ihr Ziel, sondern landen stets zu kurz. Grund ist der politische Gegenwind. Es ist daher in diesen Fällen wichtig, durchaus weit über das Ziel hinaus zu peilen, um wirklich Boden gewinnen zu können.

Wie kann der Verbraucher dies forcieren? Indem er sich auch im Bereich der Bio-Lebensmittel nicht mit dem zufrieden gibt, was er hat und sich daran klammert. Vielmehr ist wichtig, stets das Beste, das Optimum zu fordern. Zum Beispiel, sich nicht einfach nur mit „weniger“ Zusatzstoffen zufrieden zu geben, sondern den vollen Verzicht zu fordern.

Auch Landwirte müssen dafür mehr tun, als sich auf ihrer Mitgliedschaft und Konformität zum Bio-Siegel auszuruhen. Nur wer mehr leistet, wer über die Forderungen und Richtlinien hinaus geht und stets nicht ausreichende, sondern qualitativ und ökologisch bestmögliche Ware produziert, wird für diese Qualität auch belohnt werden können.

Es ist richtig, dass diese Belohnung nicht im industrialisierten System, also im Supermarkt stattfinden wird. Denn das Supermarktsystem möchte Standardware. Und genau das sind Bio-Produkte geworden: Standardware.

Die wirklich höchstwertige Ware ist daher nicht interessant für den Supermarkt. Für den aufgeklärten Verbraucher jedoch umso mehr und er bekommt sie auf dem kürzesten Weg: Direkt beim Erzeuger.

Bio ist eine Sackgasse.

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