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Bunte Bentheimer Schweine

Frischfleisch vom Schwein kannte ich bislang nur als weitgehend geschmacksbefreites Material. Egal ob Spanferkel, Kotelett oder Filet: Erst mit reichlich Gewürzen war wirklich von Geschmack zu sprechen. Deswegen fand Schweinefleisch in den vergangenen Jahren noch viel seltener als Rindfleisch Platz auf meinem Teller. Nie, genau genommen, außer vielleicht mal, wenn ich beim Grillen zu Gast war.

Doch nach meinem vor allem geschmacklich äußerst positiven Fazit des Erwerbs eines viertel Ammenkalbs aus reiner Weidehaltung wurde ich neugierig: Wenn dieses Fleisch um so viele Klassen besser schmeckt als die Ware aus Massentierhaltung, wie verhält sich dies mit Schweinefleisch? Schmeckt das Fleisch von Schweinen aus Weidehaltung besser?

Um diese Frage zu beantworten oder überhaupt zu verstehen, muss man die Natur des Tieres betrachten. In Bezug auf Rinder vermittelt dies neben anderen Joel Salatin sehr gut, aber auch bei Urgeschmack-TV hat in einem sehr interessanten Beitrag Herr Behrens aus dem Emsland darüber erzählt. Rinder sind Pflanzenfresser und vertragen Getreide nicht gut. Bei reiner Weidehaltung blüht ein Rind hingegen auf, dies äußert sich auch im Gesundheitszustand des Tieres und in der Folge im Geschmack des Fleisches. Und das Fleisch eines gesunden Tieres ist gesünder als das eines solchen, das Zeit seines Lebens mit Medikamenten vollgepumpt wurde.

Schweine sind nicht anders. Natürlich sind Schweine keine Rinder, aber auch ein Schwein bedarf einer artgerechten Ernährung. Schweine sind Allesfresser. Doch auch sie wurden durch die Evolution nicht dafür gemacht, in einer kleinen Box gehalten und mit dem immer gleichen Brei gefüttert zu werden. Eine vielseitige Ernährung ist auch hier wichtig und ein Schwein, das auf einer Weide seinen Trieben nachgehen, dort wühlen und suchen kann, lebt gesünder. Gräser, Wurzeln, Eicheln, Gerste – all dies vervollständigt das Nährstoffprofil der Schweineernährung.

Ob auf der Weide, unter dem Dach oder entspannt auf den warmen Steinen: Auf de Feijterhof haben Schweine ein großartiges Leben.

Hinzu kommt die Lebensqualität. Ein glückliches Tier ist ein gesundes Tier mit gesundem Fleisch. Warum aber sollte das Fleisch solch eines Tieres besser schmecken? Ganz einfach: Der Organismus kann nur das verwerten, was er bekommt. Und wenn der Körper hochwertige Nahrung bekommt, dann ändert sich unter anderem die Fettsäurenzusammensetzung, mehr darüber im Artikel „Fleisch als Medizin„. Weiterhin wächst ein Schwein, wenn es nicht  in Intensivmast lebt, ganz anders, nämlich langsamer auf. Das Fleisch enthält weniger Wasser und entsprechend mehr Geschmack.

Und wo bekommt man solches Fleisch?

Eine naheliegende Frage, die sich für mich nicht all zu leicht beantworten ließ. Meine Suche nach einem entsprechenden Erzeugerbetrieb verlief trotz Vorerfahrung unerwartet. Schweine genießen offenbar keine so hohe Wertschätzung wie Rinder, besonders beim Verbraucher. Während sich um Rindfleisch ein regelrechter Kult entwickelt und gerne Fleisch von argentinischen Angusrindern quer durch die Welt geschifft wird, greift der (deutsche) Kunde beim Schwein meist weiter zur Massenware. Galloway Rinder, Schottische Hochlandrinder und ähnliche Rassen aus reiner Weidehaltung und natürlich deren Fleisch sind recht einfach zu finden. Entsprechende Schweinehaltungen sind weitaus seltener.

Meine Suche führte mich recht früh zum Bunten Bentheimer Schwein, von dem ich schon oft gelesen hatte. Das „Bunte Bentheimer“, wie es auch einfach genannt wird, ist eine sehr robuste Rasse, geeignet für die ganzjährige Freilandhaltung. Mitte des letzten Jahrhunderts geriet diese Rasse an den Rand des Aussterbens, weil ihr etwas fetteres Fleisch nicht mehr gefragt war. Die Massentierhaltung setzte auf Schweine gesetzt, die magereres Fleisch liefern. Die so gezüchteten Tiere neigen zu Krankheiten und liefern jenes geschmacksbefreite Fleisch, das aus den Kühltheken bekannt ist. Nur wenige Bunte Bentheimer überlebten aus jener Zeit und einige Jahre lang gab es nur noch wenige Dutzend solcher Tiere.

Aufgrund ihrer Robustheit eignen sie sich hervorragend für genau diesen Zweck: Für ein artgerechtes Leben ganzjährig im Freien, naturgerecht aufwachsend. Im Internet fand ich unter www.bunte-bentheimer-schweine.de dann auch schnell einen naheliegenden Vermarkter, der mein Interesse weckte: de Feijterhof. Dieser sticht unter den vielen Anbietern solcher Ware besonders durch seine Hingabe hervor. Die deFeijters halten die Schweine, und verarbeiten sie vollständig selbst zu feinen Schinken und Wurstwaren, gänzlich frei von Zusatzsstoffen. Konservierungsstoffe und Säuerungsmittel, wie sie bei vielen selbst traditionell arbeitenden Metzgern an der Tagesordnung sind, kommen hier nicht in die Lebensmittel.

Bei meiner Fahrt zu de Feijterhof durch die Grafschaft Bentheim fiel mir wieder auf, wie sehr sich Emsland, Grafschaft Bentheim und das Münsterland trotz ihrer Nähe zueinander doch unterscheiden. Während im Emsland noch die Weite und Gradlinigkeit der Landschaft einen fließenden Übergang nach Friesland nahelegt, finden sich in der Grafschaft wesentlich mehr Wälder und sogar noch weniger dicht besiedelte Gebiete. Das Münsterland besticht hingegen durch viele Hügel und sattere Farben. de Feijterhof liegt in Sichtweite zur Niederländischen Grenze in Itterbeck.

Liebe und Leidenschaft

Ich fuhr ohne Erwartungen nach Itterbeck und hatte nur vor, mir kurz die Schweine und deren Haltung anzusehen und dann ein Stück Fleisch zur Probe zu kaufen. Wenn es mir schmeckt, so dachte ich mir, würde ich später eine Schweinehälfte bestellen und einlagern.

Allerdings wurde ich nicht nur ausgesprochen freundlich begrüßt, sondern bekam auch eine Führung über das gesamte Gelände. Auffällig auch hier war, dass es auf diesem Hof einfach nicht stinkt. Wer seine Tiere ordentlich hält, produziert keinen Gestank, denn es fällt kein Kot hoch konzentriert an, sondern alles ist natürlich auf den Wiesen verteilt. Die Schweine hier sehen glücklich aus und wühlen tatsächlich auf verschiedenen Weiden vor sich hin.

Herr de Feijter überraschte mich dann allerdings, als er mir die Reifekammer zeigte: So etwas hatte ich nicht erwartet. Hier hingen allerfeinste Schinken und Würste, alle aus eigener Produktion mit Liebe hergestellt. Und ausgesprochen schmackhaft, wie zahlreiche Proben zeigten.

Nach weiterem und näherem Kontakt mit den Schweinen fand ich mich kurz darauf in der geschmackvoll und gemütlich eingerichteten Küche des de Feijterhofs wieder, wo mir die nächste Probe präsentiert wurden: Leberwurst. Wir kamen ins Plaudern und es zeigte sich schnell, mit welcher Leidenschaft die de Feijters als Familienbetrieb arbeiten. Ihnen liegt die Natürlichkeit der Ernährung aufrichtig am Herzen und man merkt, dass hier Idealismus die treibende Kraft ist. Herr de Feijter ist überzeugt nicht nur von der art- und naturgerechten Aufzucht der Schweine, sondern auch von der Wichtigkeit des Handwerks. Selten findet man jemanden, der mit so viel Liebe zu Produkt und Produktionsprozess zu Werke geht, so sehr auf Details achtet und so leidenschaftlich darüber erzählt.

Frank de Feijter – arbeitet mit Liebe und Leidenschaft.

Und so blieb ich länger als geplant und sprach über Schweine, Wurst, Ernährung und Liebe zur Arbeit. Ein wundervoller Nachmittag, an dessen Ende ich so manche Wurst- und Fleischware einkaufte, die die Rückfahrt nur zum Teil überstanden hat.

Und wie schmeckt es?

Es schmeckt mehr. Es schmeckt tiefer und es schmeckt breiter. Das Fleisch hat eine völlig andere Struktur, ist zarter und zugleich intensiver im Geschmack. Überrascht hat mich, dass sogar der Fettrand am Schinken nach Schinken schmeckt, denn dieser präsentiert sich bei Standardware meist nur als geschmacksbefreiter Kaustreifen. Die Salami mit Oregano und Knoblauch beförderte mich dann in den geschmacklichen Himmel. Nicht aufdringlich, sich langsam im Mund entfaltend. Dabei war ich nie ein Fan von Wurstwaren, da sie aufgrund der Starken Würzung oft gleichförmig schmecken. Aber bei de Feijterhof versteht man sein Handwerk vornehmlich als Verfeinerung eines ohnehin schon edlen Produktes. Und so sind Gewürze hier nie dominant, sondern eher das Tüpfelchen auf dem i.

Und wie immer gilt: Probieren geht über studieren! Wenn Sie de Feijterhof nicht selbst besuchen können oder wollen, rufen Sie doch einfach dort an. Wurstwaren lassen sich auch per Post verschicken.

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