Die Diskussion um den Verzehr von Fleisch gehört zu den am hitzigsten geführten unserer Zeit. Leider wird sie meist recht einseitig und kurzsichtig geführt und militante Veganer sowie gleichgültige Grillfans tragen gleichermaßen kaum zu einer gesunden Diskussionskultur bei. Das ist schade, denn offensichtlich betrifft das Thema die gesamte Menschheit: Ökologie, Ökonomie, Kultur, Ethik, Gesundheit. Unsere Zukunft hängt davon ab.
Schauen wir uns zunächst 5 solide Argumente gegen den Fleischverzehr an.
5 Gründe, kein Fleisch zu essen
1) Tierrechte
In der industriellen Tierhaltung werden Tiere nicht artgerecht gehalten und sind vielfach Opfer von Misshandlung. Oft leben sie gedrängt auf engstem Raum in der Dunkelheit, werden falsch gefüttert, über lange Strecken transportiert und erleiden viel zu oft schon vor der Schlachterei einen schmerzhaften Tod. Wer Fleisch aus industrieller Produktion kauft oder isst, unterstützt dies aktiv.
2) Umweltbelastung
Für die industrielle Produktion von Fleisch in Massentierhaltung werden große Mengen Getreide verwendet, die Verwertung dieser Ressource auf diesem Weg sehr ineffizient. Der Anbau von Getreide und Soja erfolgt im industriellen Rahmen grundsätzlich in Monokulturen, für die andere Ökosysteme zerstört werden und die selbst kaum Lebensgrundlage für andere Organismen bieten sowie die Bodenfruchtbarkeit reduzieren. Durch die intensive Tierhaltung entstehen große Mengen Kot auf engem Raum, was die Ökosysteme weiter belastet.
3) Nährstoffmangel durch einseitige Ernährung
Je mehr Fleisch man isst, desto weniger Gemüse und Obst finden Platz in der Ernährung. Dadurch fehlen deren vorteilhafte Wirkungen im Stoffwechsel. Besonders sekundäre Pflanzenstoffe und Antioxidantien fallen vom Speiseplan. Jedoch sind gerade die Wechselwirkungen verschiedener Lebensmittel wertvoll für den Körper.
4) Medikamentenbelastung
Fleisch aus industrieller Tierhaltung wie zum Beispiel auch Geflügel ist sehr oft mit Antibiotika- und anderen Medikamentenrückständen belastet. Dies hat immer häufiger schwerwiegende Folgen für den Menschen, da sich Antibiotikaresistenzen verbreiten und sich Toxine im Körper anreichern.
5) Subventionierung, Marktverzerrung, Wertschätzung
Die industrielle Produktion von Tierprodukten ist in verschiedenen Bereichen stark subventioniert, nur dadurch sind die derzeit verbreiteten Fantasiepreise möglich. Es handelt sich dabei um die Externalisierung von Kosten. Wir alle zahlen den Preis, allerdings nicht an der Supermarktkasse, sondern in Form von Steuergeldern, Ausgaben für den Umweltschutz und einer zerstörte Umwelt. Die Subventionierung führt zu einer Verzerrung des Marktes und der gesamten Nahrungskette, die Wertschätzung für Lebensmittel sinkt und dies hat schwerwiegende soziale und kulturelle Folgen.
Das klingt nach fünf plausiblen und soliden Gründen gegen den Fleischverzehr. Schauen wir uns nun die Gegenseite an:
5 Gründe, Fleisch zu essen
1) Hohe Nährstoffdichte
Fleisch und besonders Innereien weisen eine hohe Mikronährstoffdichte auf. So kann man sich durch geringe Mengen eines einfachen Lebensmittels große Mengen lebenswichtiger Vitamine, Mineralstoffe zuführen. Dies zu erreichen ist mit allein pflanzlichen Mitteln sehr viel aufwändiger und weniger effizient und es ist noch immer umstritten, ob sich das lebenswichtige Vitamin B12 überhaupt ohne tierische Quellen gewinnen lässt.
2) Umweltschutz
Durch korrekte Tierhaltung wie zum Beispiel die Weidehaltung von Rindern, können Flächen besser genutzt und unfruchtbare Böden zur Produktion von Lebensmitteln eingesetzt werden. Bei sorgfältigem Weidemanagement kann durch die Rinderhaltung Kohlenstoff gebunden und so der CO2-Problematik effektiv begegnet werden. Durch die extensive Weidehaltung lässt sich auch das Land heilen, denn durch den nun wieder ursprünglichen Stoffkreislauf kann der Mutterboden aufgebaut werden, das Land wird fruchtbarer. Im Gegensatz zur Massentierhaltung ist der Tierkot dabei kein Problem sondern ein wertvoller Bestandteil und dient zusätzlich der Landschaftspflege.
3) Effiziente Eiweißversorgung & Aminosäurenprofil
Fleisch ist reich an Eiweiß und es weist ein für den Menschen vollständiges Aminosäurenprofil auf. Kaum ein anderes Lebensmittel vermag eine so hohe Dichte essenzieller Aminosäuren zu bieten und so stellt es eine effiziente Nährstoffversorgung dar.
4) Fettsäurenzusammensetzung
Konjugierte Linolsäure ist eine Fettsäure, die praktisch nur in wiederkäuenden Tieren vorkommt. Konjugierte Linolsäure -oder CLA- hilft nach aktuellem Kenntnisstand der Wissenschaft beim Fettabbau und Muskelaufbau. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass sie das Wachstum von Tumoren bremst. Werden Rinder allerdings mit Getreide bzw. Kraftfutter gefüttert, verlieren Sie binnen 2 Wochen die Konjugierte Linolsäure. Auch hier ist also die reine Weidehaltung die einzig sinnvolle Alternative.
5) Tierrechte
Die Weidehaltung ermöglicht darüber hinaus ein artgerechtes Leben des gesamten Ökosystems. Statt Flächen für den Ackerbau umzubrechen, können wir so beispielsweise Magerrasenweiden ökonomisch erhalten. Durch die extensive Weidehaltung können wir vielen Tieren ein artgerechtes, glückliches Leben zu ermöglichen, die wir uns andernfalls gar nicht leisten könnten. Und selbst der renommierte Tierrechtler Peter Singer ist der Meinung, dass es besser sei, viele glücklich lebende Tiere zu haben, als gar keine.
Selbstverständlich trägt die Quantität der Argumente keinerlei Aussage über ihre Qualität, doch in der Regel erweist es sich als sinnvoll, beiden Seiten die gleiche Anzahl zuzugestehen. In diesem Fall liegt sogar beinahe eine inhaltliche Symmetrie vor: Beide Seiten führen Tierrechte, Umweltschutz und Nährstoffe als Argumente an.
Fazit
Was können wir dieser Diskussion entnehmen? Es gibt kein Fleisch! Eine differenzierte Betrachtung der Qualität (Herkunft, Erzeugungsmethoden etc.) ist offenbar zwingend nötig, um Pro und Contra des Fleischverzehrs sinnvoll zu diskutieren.
Es besteht ein in jeder Hinsicht gewaltiger Unterschied zwischen Fleisch aus intensiver industrieller Haltung und extensiver Weidehaltung. Das Betrifft jeden Bereich, der damit auch nur annährend zu tun hat. Ökosysteme, ethische Aspekte, gesundheitliche Fragen, die Ökonomie sowie soziale und kulturelle Auswirkungen. Die Unterschiede zwischen den beiden Produktionsmodellen sind diametral gegensätzlich.
Es besteht kein Zweifel, dass die Tierhaltung nach aktuellem, industriellen Standard schlecht für die Umwelt ist. Doch auch der völlige Verzicht auf kommerzielle Tierhaltung muss nicht unbedingt das Beste für die Ökosysteme sein. Hinzu kommt, dass eine Ernährung frei von Tierprodukten das Leid von Tier und Umwelt keineswegs ausschließt. Denn auch die Produktion pflanzlicher Lebensmittel kann dies in hohem Maße verursachen. So zum Beispiel der Anbau von Getreide und Soja, der stets in Monokulturen stattfindet.
Moderne, extensive Beweidungsmethoden sind ausreichend effizient um den Bedarf* zu befriedigen. Durch diese Haltungsmethoden steigt der Preis sicherlich gegenüber dem, was wir heute als Billigfleisch in Supermärkten finden.
Das endgültige Fazit daraus scheint zu sein: Lieber weniger, dafür besseres, teureres Fleisch kaufen und essen. Es lohnt sich in jeder Hinsicht.
* Anmerkung: Der Bedarf ist dabei keinesfalls mit dem derzeitigen Verbrauch gleichzusetzen, der seinerseits nur wenig mit dem tatsächlichen Verzehr zu tun hat. Verbrauch und Verzehr sind Variablen, die direkt vom Preis abhängig sind.
Weiterführende Informationen:
Diese Argumente im Videoformat:
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