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Wie viel Protein solltest du essen?

Protein, Eiweiß, Aminosäuren: Der Baustoff des Lebens. Die meisten Menschen essen zu wenig Protein. Menschen mit Gewichtsproblemen essen meist zu wenig Protein – ja, auch und besonders Menschen mit Übergewicht essen oft zu wenig Protein.

Wenn du zu wenig Protein isst, wirst du krank oder stirbst. Klingt nicht komisch, ist aber trotzdem so. Die Ursache der Erkrankung führen wir selten auf Eiweißmangel zurück: Hohe Infektanfälligkeit, Augenprobleme, Depressionen, Schlappheit, Hautprobleme, hormonelle Probleme. Perfide daran ist: Viele dieser Erkrankungen spürst du nicht. Du bist einfach nur etwas schwächer, müder und jämmerlicher; deine Wunden heilen schlechter; du hast mehr Hunger auf Süßkram als andere – und die meisten Ärzte gehen dem nicht nach.

In Gewohnheiten #26, #27 und #28 geht es deswegen in meinem Buch Der Weg – Wie du einen gesunden Lebenswandel entwickelst und beibehältst darum, dass du täglich ausreichend Protein zu dir nehmen solltest. Diese Episode gehört somit zu meiner Serie über eben jenes Buch.

Tatsächlich wissen wir recht genau, wie die Aminosäuren, die unser Körper aus Proteinen gewinnt, funktionieren und wofür wir sie benötigen. Heute geht es um folgende Fragen:

  • Wie wichtig ist Protein für die Gesundheit?
  • Wieviel Protein in welcher Qualität solltest du essen?
  • Warum sollten die meisten Menschen zum Abnehmen mehr Protein essen?
  • Warum ist Brokkoli keine gute Proteinquelle?
  • Wieviel Protein können wir verwerten?
  • Was stimmt nicht mit der Empfehlung der meisten Ärzte und Ernährungsberater?
  • Warum fühlen sich heute so viele Menschen erschöpft, überfordert und kränklich?
  • Welche Rolle spielt die Proteinquelle?

Gewohnheit #26: Iss reichlich Protein – Es sättigt und hilft beim Abnehmen

Proteine sind Eiweiße. Während Kohlenhydrate und Fett dich überwiegend mit Energie versorgen, dienen Proteine als Baustoffe für die Maschinen in deinem Körper, darunter Enzyme, Hormone und Immunsystem. Die sichern deine Gesundheit. Auch Muskeln bestehen aus Eiweißen.

Protein ist lebenswichtig. Enthalten ist es überwiegend in Tierprodukten: Fisch und Fleisch, Eier und Milchprodukte, Meeresfrüchte und Insekten. Auch einige pflanzliche Lebensmittel enthalten Protein in nennenswerten Mengen. Allen voran Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Linsen. Oder Nüsse. Allerdings kann der Mensch das meiste pflanzliche Protein nicht so gut nutzen wie tierische Quellen. Dazu später mehr.

Protein hilft besonders beim Abnehmen, weil es sättigt. Denn der Körper meldet Hunger, solange er Bedarf an Aminosäuren – das sind die Einzelteile der Proteine – hat. Zugleich stimuliert Proteinzufuhr im Körper Hormone, die gespeicherte Energie freisetzen. Iss daher zu jeder Mahlzeit ausreichend Protein.

Noch ein Vorteil von Eiweißen ist: Ein Energieüberschuss aus Protein erhöht deinen Energieverbrauch.1 Isst du also doch mal etwas zu viel und diese Energie kommt in Form von Protein, wird deine Figur es dir wahrscheinlich verzeihen, denn der Körper reguliert dann seinen Bedarf nach und speichert die Energie nicht als Fett.

Noch einmal ganz deutlich:

  • Protein ist lebenswichtig und dient als Ausgangsmaterial für praktisch alles im Körper
  • Protein hilft direkt beim Abnehmen
  • Protein sättigt
  • Protein unterstützt die gesunde Funktion deines Körpers, darunter das Immunsystem, Hormonsystem, Schilddrüse, Gehirn …
  • Proteinmangel erhöht die Anfälligkeit für Krankheiten
  • Ein Energieüberschuss aus Protein führt eher zu erhöhtem Energieverbrauch (z.B. durch Bewegung, höhere Organaktivität, Thermogenese) als zu Gewichtszunahme

Wieviel Protein solltest du essen?

Iss jeden Tag mindestens ein, besser zwei Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Das ist ein Richtwert – man kippt nicht tot um, wenn man mal weniger isst. Doch im Mittel sollte man sich daran halten.

Ein 70-kg-Mensch sollte demnach jeden Tag 70, besser 140 Gramm Protein essen. Diese Menge steckt zum Beispiel in zehn bis zwanzig Hühnereiern (ein Hühnerei enthält ungefähr sieben Gramm Protein).

Das sind dir zu viele Eier? Dann wähle eine andere Proteinquelle: 100 Gramm Fleisch enthalten zirka 26 Gramm Protein (das hängt auch ab von der Tierart und Fütterung). Ein 200-Gramm-Steak enthält demnach 52 Gramm Protein. Den Proteingehalt eines Lebensmittels kannst du auf der Verpackung ablesen oder im Internet nachschauen (als Suchbegriff genügt etwa protein in ei).

Du willst es ganz genau wissen? Nach aktuellem Stand kann selbst ein ambitionierter Bodybuilder, jemand der seinen Körper gezielt zum Aufbau von Muskelmasse stimuliert, nicht mehr als ungefähr 1,7 Gramm Eiweiß je Kilo Körpergewicht pro Tag für diesen Zweck einsetzen. Alles darüber hinaus dient dann der Energieversorgung.

Für ältere und kranke Menschen gilt eine Empfehlung von mindestens 1,2 bis 1,5 Gramm pro Kilo Körpergewicht pro Tag.2

Das soll unter anderem Muskelverlust vorbeugen. Warum so lange warten? Warum erst warten, bis der Mangel sich zeigt und als Erkrankung äußert? Den Motor eines Autos würde man auch nicht mit zu wenig Öl fahren, bis sich Schäden zeigen – sondern bereits vorher ausreichend Öl nachfüllen. Warum nicht bereits früh im Leben genug Protein essen und idealerweise durch Kraftsport zusätzlich Muskelmasse aufbauen?

Aus mehreren Gründen empfehle ich in vielen Fällen dennoch, einen etwas höheren Wert anzupeilen.

Ist zu viel Protein nicht schädlich?

Man hört oft, zu viel Protein schade der Gesundheit. Das ist nur ein Gerücht. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass eine erhöhte Proteinaufnahme (bis zu 4 Gramm pro Kilo Körpergewicht pro Tag) für gesunde Menschen schädlich sei. Weder Calciummangel oder Osteoporose, noch ein Nierenschaden sind zu befürchten.3

Im Gegenteil dient eine großzügige Proteinversorgung unter anderem Erhalt, Aufbau und Regeneration von Muskelmasse. Zu den möglichen Folgen einer mangelhaften Proteinversorgung gehören Osteoporose, Stimmungsschwankungen, Depressionen, Probleme mit Nägeln, Haut und Haaren, Schwellungen/Ödeme, Schwäche, Müdigkeit, Kränklichkeit und schlechte Wundheilung. Wer an einem Nierenproblem leidet, sollte sich hingegen über dessen Art genau informieren und den Proteinverzehr anpassen.

Mach Protein zum Ausgangspunkt deiner Mahlzeiten. Ein Stück Fleisch muss deswegen nicht das größte Lebensmittel auf dem Teller sein. Du kannst trotzdem der Gemüseliebe frönen und das Grünzeug im Kubikmeter essen. Doch Protein ist wichtig für deine Gesundheit und zum Abnehmen.

Gewohnheit #27: Beachte die Proteinqualität

Ja, Brokkoli enthält Protein. Nein, Brokkoli ist keine sinnvolle Proteinquelle. Wenn du jeden Tag drei Kilo Brokkoli isst, wirst du vielleicht rechnerisch deinen Proteinbedarf decken. Doch erstens werden dir dann noch immer Aminosäuren fehlen, weswegen du einen Mangel erleiden wirst. Und zweitens furzt du dir dann sehr wahrscheinlich wahrscheinlich die Rosette aus dem Hintern.

Berücksichtige bei der Auswahl deiner Proteinquelle zwei Qualitäten ganz besonders: Biologische Wertigkeit und Herkunft.

Die biologische Wertigkeit drückt aus, wie gut der Mensch das eingenommene Protein in körpereigenes Protein umwandeln kann. Proteine bestehen aus Aminosäuren. Es gibt sogenannte essenzielle Aminosäuren: Solche Aminosäuren, die unser Körper benötigt, jedoch nicht selbst herstellen kann. Diese müssen wir über die Nahrung aufnehmen. Wenn diese Aminosäuren in zu geringen Mengen in einer Proteinquelle vorkommen, spricht man von einer niedrigen biologischen Wertigkeit. In der Regel haben Proteine tierischer Herkunft (z.B. Eier oder Rindfleisch) eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche Proteinquellen (z.B. Erbsen oder Erdnüsse). Tierische Proteinquellen gelten als vollständig. Das leuchtet ein, weil die Physiologie des Menschen näher an der von Tieren liegt, als an der von Pflanzen.

Man kann Proteinquellen so kombinieren, dass ihre biologische Wertigkeit steigt: Bohnen mit Mais haben theoretisch eine ähnliche Wertigkeit wie ein Ei. Doch selbst dann steht man noch immer vor der Herausforderung der Verdauung: Die meisten Pflanzen enthalten sogenannte Antinährstoffe (zum Beispiel Oxalsäure, Enzyminhibitoren oder Lektine), welche die Verdauung behindern4 oder den Darm schädigen. Isst man viel Gemüse, gefährdet man seinen Darm durch große Mengen pflanzlicher Antinährstoffe. Häufig geraten von pflanzlichen Proteinen nur rund zwei Drittel in den Blutkreislauf. Mehr Details zur Proteinkombination findest du im Internet.

Aus diesen Gründen ist es durchaus sinnvoll, statt 1 oder 1,7 eher 2 Gramm Protein pro Kilo Körpergewicht pro Tag anzupeilen: So hast du ein wenig Puffer und ernährst dich nicht am unteren Limit. Dafür musst du nicht auf die ideale Kombination deiner Proteinquellen achten (zumindest sofern du überwiegend tierische Proteinquellen nutzt).

Beachte auch die Erzeugungsmethode

Auch die Herkunft deines Proteins ist wichtig. Bei Pflanzen wie Tieren gilt: Der gesundheitliche Nutzen hängt ab von der Erzeugungsmethode. Themen wie Weidehaltung, Freilandhaltung und Schlachtmethoden beeinflussen direkt den Wert deiner Proteinquelle. Bei konsequenter Weidehaltung von Rindern entsteht ein gesünderes Produkt mit deutlich mehr Nährstoffen als in der konventionellen Tierhaltung. Mehr Informationen darüber findest du im Internet unter weidefleisch.org oder im Buch Weidefleisch – Handbuch für Erzeuger und Verbraucher.

Verarbeite pflanzliches Protein sorgfältig

Wenn du als Proteinquelle unbedingt Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen oder Linsen essen möchtest, solltest du sie unbedingt 24 Stunden vor dem Verzehr in Wasser einweichen, das Einweichwasser hinterher weggießen und in frischem Wasser kochen. So kannst du einige der Antinährstoffe wie Phytinsäure größtenteils unschädlich machen, die dir andernfalls Nährstoffe rauben oder den Darm beschädigen würden. Mehr Informationen über dieses Thema findest du in meinem Artikel und Video Hülsenfrüchte und Getreide optimal einweichen.

Gewohnheit #28: Genieße Protein zum Frühstück

Besonders zum Frühstück empfiehlt sich eine große Portion Protein, denn es stabilisiert den Blutzucker, sättigt und versorgt dich mit wichtigen Nährstoffen. Dennoch landen auf den meisten Tischen in Deutschland morgens Marmeladenbrote oder Getreideflocken mit Zucker. Kohlenhydrate so weit das Auge reicht und kein Protein in Sicht. Landet Eiweiß in Form einer Scheibe Wurst auf der Stulle, kommt es mit einer großen Portion Kohlenhydrate. Was tun? Entweder die Wurstscheibe viel dicker oder das Brot dünner schneiden. Viel wirksamer: Ganz umdenken und einen kurzen Blick nach England wagen. Was landet dort häufig morgens auf dem Teller? Würstchen, Rührei und Speck: Es ist häufig ein warmes Frühstück mit reichlich Protein. Engländer pflegen zwar im Durchschnitt eine eher ungünstige Ernährung, zeigen allerdings: Das Frühstück kann natürlich auch eine warme Mahlzeit sein. Omelette, gekochte Eier, Bratenaufschnitt (warm oder kalt) oder Räucherlachs sind tolle Optionen für die Proteinversorgung. Zum Frühstück ein Ei. Warum nicht zwei oder drei?

Beispielmahlzeiten

Die folgenden Beispielmahlzeiten sind um das Eiweiß aufgebaut. In einigen Fällen wie Hummus oder Bohnenpüree finden sich zwei Proteinquellen in der Mahlzeit. Das Prinzip ist immer gleich: Protein plus Gemüse. Sättigungsbeilagen sind demnach Unfug. Ein Lebensmittel soll dich nicht einfach vollstopfen, sondern mit möglichst vielen Nährstoffen versorgen. Nudeln können das kaum leisten.

  • Rinderbacke mit Rotkohl und Süßkartoffeln
  • Drei Spiegeleier mit Spinat und Hummus
  • Fischfilet mit geschmortem Gemüse und Spinat
  • Pochierte Eier mit gebackenen Wurzeln (Möhren, Rote Bete, Pastinaken) und Bohnenpüree
  • Omelette mit gebratenen Zwiebeln und Champignons
  • Salat aus Rucola, Avocado, Nüssen, Datteltomaten, Schinkenwürfeln und Olivenöl
  • Bohnen angebraten mit Zwiebeln, Möhren, Zucchini und Aubergine
  • Rinderhack mit sautiertem Gemüse

Berechne deinen Proteinverzehr

Die meisten Menschen essen deutlich weniger Protein, als sie glauben. Nämlich: Viel zu wenig. Rechne also deinen Proteinverzehr aus. Nutze dazu gerne das Protokoll, das du hier herunterladen kannst. Überlege dabei: Welche Proteinquellen kommen für dich in Frage – Eier, Fisch, Fleisch, Bohnen, Nüsse …? Schau dir den Proteingehalt dieser Lebensmittel an. Den findest du in den Nährwerttabellen auf den Verpackungen oder im Internet. Wieviel von diesen Lebensmitteln müsstest du essen? Wie könnten deine Mahlzeiten aussehen? Ein Omelette zum Frühstück oder lieber ein paar gekochte Eier?

Zusammenfassung: Protein

Protein bzw. Aminosäuren sind lebenswichtig. Proteinmangel macht krank, schwach und müde.

Protein sättigt und versorgt deinen Körper mit lebenswichtigen Nährstoffen. Ein überdurchschnittlicher Proteinverzehr ist für gesunde Menschen unbedenklich und beugt Mangelerkrankungen vor.

Peile am besten täglich zwei Gramm Protein pro Kilo Körpergewicht an. Isst du zu viel Protein, setzt dein Körper die überschüssige Energie bevorzugt in Aktivität um. Du wiegst 80 Kilo? Dann iss jeden Tag 160 Gramm Protein.

Verteile deinen Proteinverzehr über den Tag: Iss nicht das gesamte Protein in einer Mahlzeit, sondern nimm zu jeder Mahlzeit Protein zu dir.

Beginne deine Mahlzeiten mit dem Verzehr von Protein. Zum Beispiel das Frühstücksei zuerst essen. Und iss bereits zum Frühstück reichlich Protein

Beachte die Qualität und Herkunft deines Proteins. Die Erzeugungsmethode beeinflusst den Nährstoffgehalt.

Fußnoten

  1. Bray GA et al. Effect of protein overfeeding on energy expenditure measured in a metabolic chamber. Am J Clin Nutr. 2015 Mar;101(3):496-505. doi: 10.3945/ajcn.114.091769. Epub 2015 Jan 14. PMID: 25733634.
  2. Deutz NE et al. Protein intake and exercise for optimal muscle function with aging: recommendations from the ESPEN Expert Group. Clin Nutr. 2014 Dec;33(6):929-36. doi: 10.1016/j.clnu.2014.04.007. Epub 2014 Apr 24. PMID: 24814383; PMCID: PMC4208946.
  3. Devries et al (2018) Changes in Kidney Function Do Not Differ between Healthy Adults Consuming Higher- Compared with Lower- or Normal-Protein Diets: A Systematic Review and Meta-Analysis; Fenton et al (2009) Meta-analysis of the effect of the acid-ash hypothesis of osteoporosis on calcium balance; Shams-White et al (2017) Dietary protein and bone health: a systematic review and meta-analysis from the National Osteoporosis Foundation.
  4. Berrazaga I, Micard V, Gueugneau M, Walrand S. The Role of the Anabolic Properties of Plant- versus Animal-Based Protein Sources in Supporting Muscle Mass Maintenance: A Critical Review. Nutrients. 2019 Aug 7;11(8):1825. doi: 10.3390/nu11081825. PMID: 31394788; PMCID: PMC6723444.