Zum Inhalt springen

Cholesterin ist unschuldig

Cholesterin ist unschuldig - Cholesterinwerte verstehenViele Missverständnisse, Mythen und Fehlinformationen umranken das Thema Cholesterin und, damit verbunden, die Blutfettwerte. Der Versuch, das Thema mit Begriffen wie Gut und Schlecht zu vereinfachen, macht es nur noch schlimmer. Was hat es also auf sich mit HDL und LDL, mit Triglyceriden und Partikeln?

Dass Nahrungscholesterin, also zum Beispiel das Cholesterin in Eiern, keinen direkten Einfluss auf das Cholesterin im Blut hat, steht fest. Die Wissenschaft ist sich darüber so sicher, dass sich diese alte Neuigkeit sogar bis zu den Simpsons durchgesetzt hat.

Dennoch: Die Ernährung hat Einfluss auf die Blutfettwerte. Viele populärwissenschaftliche Quellen sprechen und sprachen in diesem Zusammenhang lange Zeit vom guten Cholesterin HDL und vom schlechten Cholesterin LDL. Was ist das? Was bedeutet HDL, und was ist LDL?

Cholesterinwerte verstehen

HDL und LDL sind sogenannte Lipoproteine. HDL steht für High-density Lipoprotein (hohe Dichte), LDL für Low-density Lipoprotein (niedrige Dichte). Stellen Sie sich die Lipoproteine wie Transportmittel vor: Lipoproteine bewegen sich, anders als das wasserunlösliche Cholesterin, frei im Blut.

Was das mit Cholesterin zu tun hat? Die Leber verpackt Cholesterin in Lipoproteine, so kann es andere Stellen im Körper mittels des Blutflusses erreichen. Es gibt also tatsächlich kein LDL-Cholesterin, sondern lediglich LDL-Partikel.

LDL-Partikel werden kategorisiert in große und kleine Partikel. Dies sind relative Begriffe, denn in Bezug auf unsere Wahrnehmung sind diese Partikel allesamt winzig. LDL-Partikel ab einer Größe von 25,5nm (nanometer) aufwärts, gelten als groß, alle darunter als klein.

Es ist genau diese Größe, die über ihr Herzinfarktrisiko entscheidet

Fassen wir zusammen: Relevant ist nicht das Cholesterin, sondern die Größe jener Partikel, die es transportieren.

Der Grund: Kleine LDL-Partikel haben die Möglichkeit, sich in den Wänden der Arterien zu verfangen oder in sie einzudringen oder steckenzubleiben. Wer mag, kann dort eine dramatischere Vokabel einsetzen: Zum Beispiel verunreinigen oder infiltrieren. Kleine LDL-Partikel verbleiben auch vor der Aufnahme in die Leber länger im Blutstrom, was ihr Schadpotential erhöht. Wenn sie oxidieren (ein Teil des Alterungsprozesses) erhöht sich dieses Potential weiter.

Was kann man also dagegen tun? Die Pharmaindustrie empfiehlt selbstredend Medikamente, doch es gibt andere, einfacherere und risikoärmere Lösungen.

Kritisch für das Verständnis ist eine weitere Gruppe von Partikeln, die sogenannten VLDL, Very Low-density lipoprotein. Diese Partikel mit besonders niedriger Dichte entstehen in der Leber unter anderem aus Fetten (Triglyceriden) und gelangen dann in die Blutbahn.

Die Mutter aller Probleme

VLDL ist das erste Lipoprotein in der Kette, es ist zugleich Vater und Mutter der verschiedenen LDL-Partikel. Bei Eindringen in den Blutstrom stecken VLDL-Partikel voller Triglyceride, der Energiequelle für viele Stoffwechselprozesse. Die Produktionsgeschwindigkeit und auch der Triglyceridgehalt des VLDLs ist abhängig von der Ernährung.

VLDL trifft im Blutstrom auf andere Lipoproteine wie LDL und HDL. Mit diesen tauscht es Triglyceride gegen Cholesterin-Moleküle. Die so Triglyzerid-angereicherten LDL-Partikel verlieren später durch einen weiteren Prozess die Triyglyceride.

Der LDL-Partikel mit beispielsweise 27nm Größe (großes LDL) bekommt also Triglyceride vom VLDL und gibt dafür Cholesterin ab. Später gibt er die Triglyceride ab, enthält dann also weder Cholesterin, noch Triglyceride. Das Resultat: Er schrumpft um mehrere Nanometer. Er wird kleines LDL.

Kleines LDL ist das am häufigsten auftretende Muster bei Patienten mit Herz-Gefäßerkrankungen. Cholesterin ist unschuldig.

Wichtig ist also nicht einfach LDL (ein Symptom), sondern VLDL (die Ursache). Wie stoppt man die Entstehung von kleinem LDL? Indem man einer Erhöhung der VLDL-Produktion oder deren Triglyceridgehalt vorbeugt.

Fette bestehen aus Triglyceriden. Daher mag es plausibel klingen, möglichst wenig Fett zu essen, um den Triglyceridspiegel niedrig zu halten. Das ist jedoch zu kurz gedacht. Denn ein erhöhter Fettverzehr verringert zugleich die körpereigene Produktion von Triglyceriden. Der Körper kann davon reichlich herstellen, oft weit mehr als er durch die Ernährung bekommt.

Ein hoher Fettverzehr hat daher nur geringen oder keinen Einfluss auf den Triglyceridspiegel.

Was beeinflusst den Triglyceridspiegel?

Kohlenhydrate.

Kohlenhydrate stimulieren den Insulinausstoß. Und Insulin löst die Fettsäurensynthese in der Leber aus, ein Prozess der das Blut mit Triglyceriden flutet. Ein Lipogenese genannter Prozess wandelt in der Leber Zucker (Glucose aus Kohlenhydraten) in Triglyceride um. Wichtig dafür ist ein hoher Insulinspiegel.

Schuld ist also nicht das Cholesterin. Auch das verzehrte Fett ist demnach nicht Ursache der Herz-Gefäßerkrankungen. Sondern Kohlenhydrate, Zucker, Süßkram, Stärke sorgen für die Kettenreaktion, die über Triglyceride und Lipoproteine letztlich für ein erhöhtes Herzinfarktrisiko sorgt.

Das ist kein Grund, in Panik zu verfallen und allen Kohlenhydraten zu entsagen. Doch es wirft neues Licht auf das von der Industrie als besonders gut für die Herzgesundheit beworbene Vollkornbrot, das zu rund 50-60% aus Stärke (Kohlenhydraten) besteht. Und es zeigt, warum, Schokoriegel eine denkbar ungünstige Ernährungsgrundlage sind.

Dieses Wissen bedeutet lediglich: Beachten Sie Ihren Kohlenhydratverzehr. Denn der hat wesentlichen Einfluss auf den Insulinspiegel und genau der löst die beschriebene Kettenreaktion aus.

Was bedeutet das für meine Ernährung?

Wer Kohlenhydrate in langsam verdaulicher Form oder in Maßen isst, zum Beispiel aus Gemüse oder Obst wie Bananen, muss sich hierüber kaum Gedanken machen.

Wer regelmäßig Sport treibt oder körperlich aktiv ist, hilft so ebenfalls bei der Kontrolle des Insulinspiegels.

Wer hingegen sehr viele Kohlenhydrate in Form von Frühstücksflocken, Nudeln, Süßigkeiten, Kuchen und vor allem Süßgetränken zu sich nimmt und sich womöglich obendrein nicht viel bewegt, der sollte darüber nachdenken, seine Ernährung umzustellen. Zum Beispiel auf eine Ernährung basierend auf viel Gemüse und frischen Lebensmitteln. Dies bringt viele gesundheitliche Vorteile mit sich und kann das gesamte Leben positiv beeinflussen.

Fazit

Cholesterin ist unschuldig. Es ist im Rahmen der gesamten Kettenreaktion lediglich eine Währung. Doch wie konnte es bei so vielen Beteiligten in den Mittelpunkt der Kritik geraten? Ganz einfach: Es lässt (und ließ) sich besonders einfach messen. Der Messwert –der Cholesterinspiegel– lässt jedoch lediglich Rückschlüsse auf die Lipoproteinspiegel zu und nicht auf deren Qualität. Wesentlich aussagekräftiger ist der Triglyceridspiegel.

Letztlich ist auch in diesem Fall hilfreich und eine einfache Lösung, seinen Insulinspiegel im Zaum zu halten. Das geht mittels einiger weniger, einfacher Tipps zur Ernährungsumstellung.

Quellen und weiterführende Informationen:

  • Dr. William Davis hat in seinem Buch Wheat Belly/Weizenwampe ein sehr knackiges Kapitel mit reichlich aktuellen Quellen zu diesem Thema gebastelt.
  • Ebenfalls sehr ergiebig sind die Arbeiten unter Mitarbeit von S. Volek, u.a. „Carbohydrate restriction alters lipoprotein metabolism by midifying VLDL, LDL and HDL subfraction distribution and size in overweight men.
  • Lamarche: „The small, dense LDL phenotype and the risk of coronary hear disease: epidemiology, patho-physiology and therapeutic aspects.
  • Ginsberg: „New perspectives on atherogenesis: role of abnormal triglyceride-rich lipopreotein metabolism.

Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.