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Anleitung zur Darmsanierung

Unser Darm dient nicht nur der Aufnahme von Nährstoffen, sondern er beeinflusst maßgeblich unser Immunsystem, Hormonsystem und unser Gehirn. Der menschliche Darm enthält mehr Bakterien als der Mensch eigene Zellen enthält. Dieses Mikrobiom betrachten wir zusehends als endokrines Organ, als Quelle von Hormonen, die unsere Gesundheit und unser Verhalten beeinflussen. Emotionen können uns auf den Magen schlagen, man kann sich vor Angst in die Hose machen – zugleich können Nahrungsmittel Glücksgefühle auslösen oder eine schlechte Ernährung zu Depressionen führen.

In der Wissenschaft spricht man zusehends von der Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse: Die Bakterien in unserem Darm beeinflussen maßgeblich unser Hirnchemie und Neurotransmitter, Stimmungen, Entscheidungen und geistige Gesundheit. Unsere Darmbakterien als Kolonie könnte man nicht nur als zusätzliches Körperorgan betrachten – einige Wissenschaftler meinen es nur halb im Spaß, wenn sie sagen: Nicht wir tragen das Mikrobiom herum. Sondern das Mikrobiom nutzt den Menschen als Fahrzeug.

Darmsanierung bedeutet: Die Gesundheit von Darms, Darmwand, Darmschleimhaut und Darmbakterien (das Mikrobiom) fördern. In Anlehnung an den Hausbau klingt der Begriff Sanierung nach einer einmaligen Aktion. Allerdings ist der Darm lebendes Gewebe und er benötigt fortwährend Pflege. Zeitlich begrenzte Aktionen ein- oder zweimal pro Jahr nützen nicht, wenn man die Darmgesundheit zwischendurch erodieren lässt.

Passive Pflege vor kurzfristigen Maßnahmen

Daher setzt mein Konzept zuvorderst auf passive Pflege anstelle zeitlich begrenzter Maßnahmen. Passive Pflege des Darms bedeutet: Sich stets so verhalten, dass es dem Darm nützt und zugleich schädliche Lebensmittel und Handlungen meiden.

Bei chronischen oder akuten Erkrankungen oder als Nachbehandlung unvermeidbarer Antibiotika-Behandlungen bieten sich zusätzlich einige aktive Maßnahmen an.

Wer braucht Darmsanierung?

Jeder braucht einen gesunden Darm. Unser Verdauungssystem ist wie die Haut eine Barriere zwischen unserem Inneren und der Außenwelt. Der Darm entscheidet, welche Nahrungsbestandteile in unseren Stoffwechsel gelangen und welche draußen bleiben. Deswegen braucht jeder passive Darmpflege. Die Gesundheit des Darms beeinflusst direkt und maßgeblich unser

  • Immunsystem
  • Hormonsystem
  • Gehirn
  • Mentale Gesundheit
  • Energieversorgung

Meist ziehen Menschen eine Darmsanierung nach einer Behandlung mit Antibiotika in Betracht, oder wenn sie an Erkrankungen wie Leaky gut (Leckdarmsyndrom) oder Reizdarm, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leiden – also oft dann, wenn es bereits zu spürbaren Symptomen einer Darmerkrankung bis hin zu schweren Autoimmunerkrankungen gekommen ist. Doch schon die schwer abzugrenzende Diagnose Leaky gut zeigt: Die Übergänge sind fließend. Der Darm muss bis zu einem gewissen Grad durchlässig sein. Denn irgendwie müssen die nötigen Nährstoffe aufgenommen werden. Wird die Durchlässigkeit zu hoch, beginnen jedoch die Probleme. Das Immunsystem schlägt Alarm wenn zum Beispiel unverdaute Proteine die Darmwand durchdringen und eine Reaktion auslösen.

So kann man jahre- oder jahrzehntelang ohne Symptome mit einem überstrapazierten Darm (und einem entsprechend beeinträchtigten Immunsystem) leben. Stille Entzündungen häufen sich an, erodieren das Immunsystem, bis das Maß voll ist und scheinbar plötzlich Entzündungen den Körper überrennen: Erschöpfung, Gelenkschmerzen, Unverträglichkeiten – die Liste möglicher Symptome beeindruckt mit Vielfalt und Länge.

Daher sollte jeder seinen Darm pflegen. Immer. Den Wert täglicher Zahnpflege erkennen die meisten Menschen, wenn auch oft nur aus Angst vor Zahnschmerzen oder Zahnärzten. Diese Fürsorge, die wir dem Tor zu unserem Verdauungstrakt schenken, sollten wir auch dem Reich dahinter zukommen lassen. Es ist schließlich der Vorhof unseres heiligen Tempels des Lebens.

Protokoll zur Darmsanierung

Wichtig für die stetige Pflege des Verdauungstrakts ist

  • was man isst,
  • was man nicht isst,
  • wie man es isst (siehe dazu den Abschnitt Verhalten) und
  • wie man lebt.

Die Darmsanierung bzw. Pflege des Darms ergibt wenig Sinn, wenn man ihm gleichzeitig direkt und indirekt Schaden zufügt. Der erste Schritt ist daher das Meiden direkt schädlicher Substanzen und Nahrungsmittel.

1. Meide schädliche Nahrungsmittel und Substanzen

Diese Stoffe schaden der Darmgesundheit immer:

  • Zucker1
  • Alkohol2

Einige Nahrungsmittel belasten stets den Darm – besonders dann, wenn er schon angeschlagen ist und zum Beispiel die Darmbakterien nicht mitarbeiten oder wenn man einfach einen etwas empfindlicheren Darm hat. Der Verzehr dieser Nahrungsmittel muss keine Symptome nach sich ziehen und kann sich in Grenzen halten. Möchte man allerdings seinen Darm ideal Pflegen, sollte man möglichst wenig dieser Lebensmittel essen:

  • Weizen (nicht nur wegen des Glutens, sondern auch wegen des WGA-Gehalts3)
  • Glutenhaltige Getreide (wenn, dann richtig eingeweicht und in geringen Mengen)
  • Hülsenfrüchte (wenn, dann richtig eingeweicht und in geringen Mengen), darunter
    • Erbsen
    • Bohnen
    • Linsen
    • Erdnüsse
  • Süßstoffe verändern in einigen Fällen ebenfalls das Mikrobiom. Die Forschung dazu ist noch nicht abgeschlossen.4 Solange es keine eindeutige Aussage zur Sicherheit gibt, empfiehlt sich der Verzicht auf Süßstoffe.

Ein empfindlicher oder zeitweise schlecht angepasster Verdauungstrakt kann ebenfalls gereizt auf gesunde und scheinbar harmlose Lebensmittel aus der sogenannten FODMAP-Gruppe reagieren. In diesem Artikel beschreibe ich die Hintergründe und Herangehensweise: Was ist FODMAP?

2. Iss Darm-pflegende Lebensmittel

Zur Pflege gehört sowohl die direkte Heilung der Darmwand (Darmschleimhaut, Epithel) als auch die Versorgung des Mikrobioms (Darmbakterien).

Das ist eine Gratwanderung, denn die Mikroben im Darm freuen sich auch über Nahrungsmittel, die der Darmwand schaden – zum Beispiel Hülsenfrüchte. Auch eine Zwiebel ist grundsätzlich gesund, erzeugt jedoch Blähungen und kann in empfindlichen Fällen den Darm reizen.

Rohkost gilt ebenfalls als gesund. Im Übermaß kann jedoch auch sie den Darm überlasten. Der Verzehr roher Lebensmittel empfiehlt sich daher nur in Maßen.

Allgemein dient eine vielfältige Ernährung mit genügend Ballaststoffen und Pflanzenstoffen den Darmbakterien. Das Maß findet man durch vorsichtiges Herantasten.

Folgende Lebensmittel dienen zugleich Darmwand und Darmbakterien:

  • Karotten bzw Möhren
  • Paprika (möglichst ohne Haut)
  • Zucchini
  • Fermentierte Lebensmittel wie
    • Sauerkraut
    • Joghurt
    • Kimchi
    • Kefir
  • Beeren wie Him-, Heidel- und Johannisbeeren
  • Obst wie Orangen, Mango und besonders Papaya
  • Nüsse (keine Cashews oder Erdnüsse)
  • Süßkartoffeln
  • Weißer Reis
  • Kartoffeln
  • Quinoa

Resistente Stärke, also gekochte und wieder abgekühlte Kartoffeln oder weißer Reis, sind bei den Darmbakterien äußerst beliebt. Im Übermaß können jedoch auch sie zu verstärkten Blähungen führen. Der Verzehr lohnt sich und die verträgliche Tagesdosis ermittelt man durch Ausprobieren. Die abgekühlten Kartoffeln (oder Reis) entfalten ihre Wirkung auch noch nach dem Wiederaufwärmen.

3. Mikronährstoffe zur Darmsanierung

Für gute Funktion muss der Darm sich an einem reichhaltigen Büfett von Nährstoffen bedienen können. Er braucht alles: Alle Vitamine, Mineralstoffe und Pflanzenstoffe. Und zwar überreichlich. Nur ein gesunder Darm kann diese Nährstoffe überhaupt aufnehmen und an die übrigen Organe weitergeben.

4. Nahrungsergänzung zur Darmsanierung

Gezielte Pflege, Kur oder Wundheilung: Es gibt Stoffe, die dem Darm besonders gut tun und deren Anwendung sich bei akuten Erkrankungen wie Leaky gut oder Reizdarmsyndrom empfiehlt. Zwei dieser erprobten Stoffe sind auch wissenschaftlich gut erforscht und sie gelten als sicher:

  • Glutamin 15 – 30g/Tag** (Produktlink)*
    • Unterstützt Mikrobiom-Balance, erhöht die Integrität der Darmwand und minimiert Entzündungen bei Reizungen der Darmschleimhaut.5 ** Es empfiehlt sich zur langsamen Gewöhnung ein Beginn mit 5g pro Tag und eine schrittweise Erhöhung
  • Zink-L-Carnosin (bzw. Zink Carnosin) 2 x 37,5mg/Tag (Produktlink)*
    • Hilft der Heilung der Darmwand (Tight junctions)6
  • ZeobentMED 1 – 3 x 3g mit 250ml Wasser pro Tag (Produktlink)*
    • Hilft der Pflege der Darmbarriere und dient zugleich der Mineralstoffeversorgung und Bindung von Giften. Die Zahl der Umweltgifte nimmt jährlich zu und auch bei Einhaltung aller Grenzwerte summiert sich die Gesamtbelastung in einen Bereich, den der Körper oft nicht mehr ohne Hilfe bewältigen kann. Die Folge ist eine Beeinträchtigung der gesamten Gesundheit.

Diese Stoffe wirken separat und in Kombination.

5. Verhalten zur Darmsanierung und Darmpflege

Nicht nur unser Essen beeinflusst die Darmgesundheit. Das Essverhalten, unser Umgang mit Stress, Schlafhygiene, Bewegung und Persönlichkeitsentwicklung entscheiden über den Zustand unseres Verdauungstrakts.

Essverhalten: Wichtig ist nicht nur, was wir essen, sondern auch wie wir es essen. Wer schlingt, wenig kaut und keinerlei Esskultur pflegt, schadet seinem Darm. Es ist wichtig, dass die Verdauung bereits im Mund vorbereitet wird und dass der Magen seine Aufgabe voll erfüllen kann. Der Magen sollte wenigstens die proteinhaltigen Lebensmittel bereits in ihre Aminosäuren zerlegen. Das verhindert, dass unverdaute Proteine überhaupt in den Darm gelangen. Beim Essen ist daher wichtig

  • In Ruhe und langsam essen, nicht schlingen
  • Gründlich kauen
  • Aufmerksam essen
  • Kurze Pausen einlegen

Zwischen den Mahlzeiten sollte der Verdauungstrakt Zeit zum Verdauen haben; dabei hilft auch die Gewöhnung des Körpers. Es empfiehlt sich

  • Regelmäßige Zeiten einhalten
  • Zwischen den Mahlzeiten nicht naschen
  • In den drei bis vier Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr essen

Stress: Der Begriff Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse suggeriert nicht nur den Einfluss unserer Darmgesundheit auf das Gehirn. Sondern umgekehrt kennen wir genügend Redewendungen wie Stress, der »auf den Magen schlägt.« Unsere geistige Gesundheit beeinflusst den Körper direkt. Akuter Stress oder panische Momente lösen häufig Durchfall aus. Daher gehört zu passiver Darmpflege auch aktive Stressbewältigung im Alltag, jeden Tag. Das heißt

  • Verwaltung,
  • Wirksamkeit und
  • Effizienz auf der einen und
  • Akzeptanz auf der anderen Seite.

Neben zahlreichen greifbaren Techniken zur Stressbewältigung hat sich geführte Meditation bzw Selbsthypnose (s.a. NSDR, Yoga Nidra) millionenfach bewiesen. Seit über 50 Jahren sind die gesundheitlichen Vorteile weit über die Stressbewältigung erforscht, darunter, die Kontrolle des Blutzuckerspiegels, Hormonhaushalt, Gedächtnisleistung und mehr.

Sport ist ein Stressor, der den Darm belastet.7 Allerdings ist der gesundheitliche Nutzen von Sport bzw. Bewegung unterm Strich deutlich positiv. Sportler, Hobbysportler und Profisportler sollten sich bewusst sein, dass sie erhöhte Anforderungen auch an ihren Darm stellen und dementsprechend Sorgfalt bei der passiven Darmpflege walten lassen.

Schlafhygiene: Schlaf ist essenziell für die Regeneration und einen gesunden Stoffwechsel. Darmgesundheit und passive Darmpflege erfordern Sorgfalt bei der Schafhygiene. Details gibt es in meinem Artikel über Schlafhygiene.

Bewegung: »Nach dem Essen sollst du ruh’n oder tausend Schritte tun.« Darmgesundheit erfordert Bewegung.

  • Geh nach jeder Mahlzeit zehn Minuten zügig spazieren.

Mehr ist besser. Ein umfangreiches, regelmäßiges Sportpensum pflegt die Darmgesundheit auf physischem, hormonellem und psychischem Weg.

Persönlichkeitsentwicklung: Wer sich als Mensch weiterentwickelt kommt besser mit den Herausforderungen des Alltags klar und kann so Stress, Anspannung und Sorgen vermeiden, bevor sie auftreten. So können diese Zustände dem Darm gar nicht erst schaden. Persönlichkeitsentwicklung erfordert Reflexion, es ist ein individuelles Thema. Oft hilft der Austausch mit anderen oder ein Coaching.

Fußnoten

  1. s.a. Satokari R. High Intake of Sugar and the Balance between Pro- and Anti-Inflammatory Gut Bacteria. Nutrients. 2020 May 8;12(5):1348. doi: 10.3390/nu12051348. PMID: 32397233; PMCID: PMC7284805.
  2. s.a. Bishehsari F, et al. Alcohol and Gut-Derived Inflammation. Alcohol Res. 2017;38(2):163-171. PMID: 28988571; PMCID: PMC5513683.
  3. s.a. Dalla Pellegrina C et al. Effects of wheat germ agglutinin on human gastrointestinal epithelium: insights from an experimental model of immune/epithelial cell interaction. Toxicol Appl Pharmacol. 2009 Jun 1;237(2):146-53. doi: 10.1016/j.taap.2009.03.012. Epub 2009 Mar 28. PMID: 19332085.
  4. s.a. Ruiz-Ojeda FJ et al. Effects of Sweeteners on the Gut Microbiota: A Review of Experimental Studies and Clinical Trials. Adv Nutr. 2019 Jan 1;10(suppl_1):S31-S48. doi: 10.1093/advances/nmy037. Erratum in: Adv Nutr. 2020 Mar 1;11(2):468. PMID: 30721958; PMCID: PMC6363527.
  5. s.a. Deters, Saleem, The role of glutamine in supporting gut health and neuropsychiatric factors, Food Science and Human Wellness, Volume 10, Issue 2, 2021, Pages 149-154, ISSN 2213-4530, https://doi.org/10.1016/j.fshw.2021.02.003.
  6. s.a. Mahmood A et al. Zinc carnosine, a health food supplement that stabilises small bowel integrity and stimulates gut repair processes. Gut. 2007 Feb;56(2):168-75. doi: 10.1136/gut.2006.099929. Epub 2006 Jun 15. PMID: 16777920; PMCID: PMC1856764.; Hewlings, Kalman. A Review of Zinc-L-Carnosine and Its Positive Effects on Oral Mucositis, Taste Disorders, and Gastrointestinal Disorders. Nutrients. 2020 Feb 29;12(3):665. doi: 10.3390/nu12030665. PMID: 32121367; PMCID: PMC7146259.
  7. s.a. Chantler S, Griffiths A, Matu J, Davison G, Jones B, Deighton K. The Effects of Exercise on Indirect Markers of Gut Damage and Permeability: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports Med. 2021 Jan;51(1):113-124. doi: 10.1007/s40279-020-01348-y. PMID: 33201454; PMCID: PMC7806566.