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Vitamin B: Die Putzmittel des Körpers | Für Nerven, Augen und Gehirn, Blut, Mitochondrien und Energie, Haare, Haut und Nägel uvm.

Verena, 25, ist ständig erschöpft. Morgens rollt sie sich mit purer Willenskraft aus dem Bett, klammert sich danach an ihrer Kaffeetasse fest, um sich bereits am Mittag im Büro hauptsächlich damit zu beschäftigen, die Distanz zwischen Kopf und Schreibtischplatte zu wahren. Nach der Arbeit kommt sie sie irgendwie mit dem Auto nach Hause, geistig auf Autopilot, erledigt das Allernötigste im Haushalt und knallt dann mit einer Wucht aufs Sofa, welche ihre darauf schlafende Katze bis an die Zimmerdecke schleudert. Warum ist Verena so ausgelaugt? Ein Eisenmangel kann es nicht sein, ihr Ferritin liegt dank guter Ernährung und Darmgesundheit bei über 150 ng/ml. Trotzdem ist sie auch im Gesicht recht blass. Hat ihre Schlappheit trotz der guten Eisenversorgung etwas mit dem Blut zu tun? Ein Blick auf ihren Vitaminstatus gibt die Antwort: Ihr fehlen mehrere B-Vitamine.

In dieser Episode erläutere ich die allgemeinen und besonderen Funktionen der B-Vitamine. Dabei gehe ich auch ein auf die jeweiligen Symptome eines Mangels und die Ursachen erhöhten Bedarfs. Thematisieren werde ich außerdem:

  • Wer benötigt eine Supplementation mit B-Vitaminen?
  • Sollte man die Blutwerte messen und wenn ja, wie?
  • Was sollte man von Nahrungsergänzungsmitteln auch in diesem Bereich halten?
  • Und wie sind die kritischen Stimmen dazu einzuschätzen?

B-Vitamine: Funktion allgemein

B-Vitamine funktionieren im Körper wie die Reinigungsmittel einer Putzkolonne: Beim Aufräumen und Putzen dienen sie der Beseitigung dessen, was der Körper durch seinen Betrieb an Stoffwechselresten produziert; unterstützen Enzyme beim Neutralisieren freier Radikale und der Reduktion oxidativen Stresses. Ohne B-Vitamine häuft sich der Müll an und der Betrieb des Körpers stockt. Allerdings muss das Putzwasser regelmäßig erneuert werden: B-Vitamine sind wasserlöslich und verlassen den Körper nach getaner Arbeit in oxidierter oder metabolisch veränderter Form durch den Urin. Wir benötigen also ständig Nachschub an Reinigungsmitteln, damit der Körper weiter sauber funktioniert.

Diese Wasserlöslichkeit ist auch ein Grund, warum eine versehentliche Überdosierung von B-Vitaminen bei sorgfältigem Gebrauch nur schwer möglich ist.

Gemeinsam haben die B-Vitamine neben der Wasserlöslichkeit auch ihre Beteiligung am Stoffwechsel: Sie sind wichtig für Energiestoffwechsel, Mitochondrien und Nervensystem, Blutbildung und Regeneration, für Steroidhormone und Psyche, Haut, Schleimhäute, Haare und Nägel sowie die Gesundheit der Augen und des Herz-Gefäßsystems.

Ähnlich sind auch die Symptome bei Mängeln: Zum Beispiel Müdigkeit, Nervenschäden, Hautveränderungen.

Weitere Ähnlichkeiten bestehen bei den Ursachen erhöhten Bedarfs, wobei sie diese mit anderen Mikronährstoffen teilen: Schwangerschaft, Stillzeit, Leistungssport, Wachstum und Alter sind allesamt verbreitete Gründe für erhöhten Bedarf auch an B-Vitaminen. Wo gehobelt wird, fallen Späne – und die müssen beseitigt werden.

Auch zum Beispiel Stress, jeglicher Alkoholkonsum oder auch nur eine Zigarette täglich erhöhen den Bedarf. Diese drei Faktoren erwähne ich separat, weil sie Entscheidungen des Lebenswandels sind. Vor jeglicher Supplementation sollte man seinen Lebenswandel im Griff haben. Wenn man zum Beispiel zu Supplementen greift, weil man täglich zwei Flaschen Bier trinkt, dann ist das, als würde man jeden Tag die Feuerwehr rufen, um dann sein Holzhaus anzuzünden: Es ergibt keinen Sinn.

B-Vitamine im Einzelnen: Kurzprofile

Folgend führe ich die einzelnen B-Vitamine mit ihren Alternativnamen auf, beschreibe ihre besondere Funktion und gebe etwaige bemerkenswerte Hinweise. Beim bloßen Zuhören mag das überwältigend wirken – es ist eine Liste von acht Vitaminen. Daher halte ich mich mit den Daten möglichst kurz. Für das weitere Verständnis der Wichtigkeit und auch für eine Erklärung von Verenas Problemen sind diese Angaben wichtig.

Die genannten Blutspiegel und Dosierungen sind keine Verschreibungen, sondern Erfahrungswerte.

Vitamin B1 (Thiamin) ist besonders wichtig für die Energieproduktion in der Zelle; außerdem die Nervenfunktion; und den Stoffwechsel von Gehirn, Leber, Zucker und roten Blutkörperchen.

Jegliche Erkrankungen des Nervensystems und Gehirns sowie Depressionen können auf unter anderem erhöhten B1-Bedarf hinweisen.

Wer im Referenzbereich von 39,8 bis 60 µg/l liegt, hat schon einen relevanten Bedarf an Vitamin B1. Der Wert darf gerne um oder knapp über 60 liegen.

Je nach Blutwert und Gesundheitszustand sind Dosen bis 300 mg Vitamin B1 täglich sinnvoll, größere Dosen eher über den Tag verteilen. Toxizität ist erst bei Tagesdosen über 3000 mg vereinzelt bekannt.

Vitamin B2 (Riboflavin-5-Phosphat) benötigt der Körper ebenfalls besonders für den Energiestoffwechsel; den Abbau von Homocystein – dazu später mehr – und die Bildung roter Blutkörperchen; und die Regeneration von Glutathion, einem zentralen Antioxidans des Körpers.

Erhöhter B2-Bedarf besteht oft bei Entgiftungsstörungen, Migräne, Glutathion-Mangel, Parkinson-Symptomen, Katarakt-Risiko und Mund­winkel­rhagaden.

Auch hier zeigt der Referenzbereich von etwa 85,4 bis 300 µg/l eher einen relevanten Bedarf an. Unter Therapie darf der Wert gerne über 300, in jedem Fall aber über 200 liegen.

Je nach Ausgangslage können zweimal 100 mg pro Tag sinnvoll sein, manche Menschen benötigen deutlich höhere Dosen. Bei gleichzeitig guter Versorgung mit anderen B-Vitaminen sinkt häufig der B2-Bedarf, das gilt auch für andere B-Vitamine. Auch aus diesem Grund ist die Einnahme eines Vitamin-B-Komplexes sinnvoll. Eine Toxizität bei diesen Dosierungen ist nicht bekannt.

Vitamin B3 (Niacin, Nicotinamid) dient Coenzymen in den Mitochondrien; lebenswichtigen Stoffwechselvorgängen bei Insulin, Cholesterin und Serotonin; Antioxdation; DNS-Reparatur; sowie der Gefäßerweiterung.

Der Bedarf ist erhöht bei Darmerkrankungen, Hautproblemen und Zungenbrennen sowie Hyperlipidämie, also Problemen im Fettstoffwechsel, sowie Serotoninmangel.

Referenzbereiche gehen von etwa 8 bis 100 µg/l; als Ziel ist ein Wert über 50 auf jeden Fall aber über 40 sinnvoll.

Abhängig von der Indikation kann man mit zweimal 500 bis zweimal 1000 mg B3 täglich arbeiten. In der Form Niacin kann das Gesicht erröten und heiß werden. Das ist unangenehm, geht aber binnen einer halben Stunde vorbei. Als Nicotinamid macht B3 deutlich weniger Probleme. In diesen Dosierungen besteht keine Gefahr der Toxizität

Vitamin B5 (Pantothensäure) dient primär der Wundheilung und Zellerneuerung auch der Schleimhäute, weswegen es auch in vielen Wundheilsalbe enthalten ist. Es dient dem Citratzyklus, der Synthese von Vitamin A und Cholesterin (wichtig für die Steroidhormone); und dem Stoffwechsel von Melatonin und bestimmten Neurotransmittern.

Besonders erhöht ist der Bedarf bei Problemen mit Haut und Schleimhäuten, bei Schlafstörungen und psychischen Belastungen. Thema ist es auch bei Nebennierenschwäche, DHEA-Mangel und niedrigem Cortisol.

Der Referenzbereich liegt um 26 bis etwa 150 µg/l, wobei eine gute Versorgung bei einem Wert über 120 liegt.

Eine toxische Wirkung für Menschen ist nicht bekannt, verbreitete Dosierungen liegen bei 500 mg. Bei akuten Problemen kann man es mit täglich zwei Stück davon versuchen.

Damit haben wir schon die Hälfte der B-Vitamine geschafft. Die zweite Hälfte dieser Gruppe ist deutlich interessanter und vielseitiger als die bisher genannten, aber das macht sie nicht wichtiger.

Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat) ist besonders wichtig fürs Gehirn und damit auch die Psyche; den Stoffwechsel von Serotonin, Melatonin, Homocystein, Steroidhormonen und Kohlenhydraten; sowie den Fettstoffwechsel in der Leber; die Synthese von Proteinen, Taurin und B3.

Diabetes mellitus, Arteriosklerose, Osteoporose, Anämie, Karpaltunnelsyndrom, Hautprobleme, chronische Erkrankungen, neurologische und psychiatrische Erkrankungen, Angst, Depressionen und schlechte Stimmung, Traumlosigkeit und Schlafstörungen zeigen allesamt einen erhöhten B6-Bedarf an.

Der Referenzbereich reicht von 10 bis 36 µg/l, idealerweise bleibt man bei über 36.

Hier ist tatsächlich bei Dosierungen über täglich 300 mg Toxizität bekannt. Die meisten dedizierten Produkte nutzen allerdings Einheiten weit darunter von 25 mg. Sinnvoll ist die Einnahme der aktiven Form Pyridoxal-5-Phosphat, P5P. Beginne mit 25 mg pro Tag und passe falls nötig an auf täglich 50 bis 75 mg. Am besten morgens einnehmen (sonst kann es zu heftigen Träumen kommen); wer empfindlich ist, sollte mit kleinen Dosen beginnen.

Vitamin B7 (Biotin, Vitamin H) stützt besonders das gesunde Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln; und die Verstoffwechselung von Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten.

Ein erhöhter Bedarf besteht besonders bei Darmproblemen und nach Antibiotikatherapie, bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien, psychischen Problemen und bei B12-Therapie sowie bei Problemen mit Haut, Haaren oder Nägeln.

Auch hier gilt bei den Blutwerten: Der Referenzbereich geht von 250 bis 1000 ng/l und anpeilen sollte man eher einen Wert über 1000.

Je nach Ausgangslage sind Dosierungen von 1 bis 10 mg/Tag sinnvoll. Eine toxische Dosis ist nicht bekannt, selbst bei täglich 50 mg.

Vitamin B9 (Folat, Folsäure) ist wichtig für jegliche Zellteilung und DNA-Methylierung; die Bildung von Blutkörperchen und -plättchen; und Schleimhautneubildung.

Besonders chronische Darmerkrankungen, die Pille, Kinderwunsch, Störungen des Blutbildes, neurologische und psychische Störungen, Vergesslichkeit, Müdigkeit sowie Mangel an Vitamin C, B6 und B12 zeigen einen erhöhten Bedarf an.

Während der Referenzbereich von 4,5 bis 20 ng/ml geht, sollte man auf jeden Fall bei über 16 ng/ml Folsäure im Serum bleiben. Dazu später noch einige Anmerkungen.

Dosierungsempfehlungen gehen von wöchentlich ein- bis zweimal 5 mg Folsäure oder ein- bis zweimal 800 µg der aktiven Form Folat. Toxische Dosen sind extrem selten, allerdings kann es bei empfindlichen Personen zu Unverträg­lich­keits­er­schei­nungen kommen. In solchen Fällen mit kleinen Einzeldosen anfangen und langsam steigern. Eine MTHFR-Mutation kann die Einnahme von Folat anstelle von Folsäure nötig machen.

Vitamin B12 (Hydroxy-, Adenosyl-, Methylcobalamin) ist besonders wichtig für die Bildung roter Blutkörperchen; Zellteilung und DNA-Methylierung; und die Bildung der Myelin-Schutzschicht der Nerven.

Fleischlose oder vegetarische Ernährung, Dysbiose, die Pille und viele andere Medikamente, chronische Erkrankungen, Diabetes mellitus und Erkrankungen des Nervensystems und Gehirns erhöhen den Bedarf. Hinweis: Bei hoher Belastung ist auch Fleischverzehr kein Garant für gute B12-Spiegel – das sage ich aus eigener Erfahrung.

Referenzbereiche sind hier sehr verschieden, die meisten Angaben gehen bei rund 200 pg/ml los – das ist jedenfalls deutlich zu wenig. Anpeilen darf man gerne einen Wert über 1000, langfristig sollte man über 700 bleiben.

Entsprechend ist die Dosierung ausgehend von einem Blutspiegel unter 400 pg/ml durchaus sinnvoll mit einer wöchentlichen, subkutanen Injektion mit Hydroxycobalamin (1500 µg). Das kann man selbst machen; das habe ich auch gemacht, über zehn Wochen. Piekst nur leicht, brennt ein wenig und dann ists vorbei. Alternativ nimmt man zur oralen Einnahme täglich 5000 µg, bis man sich in Richtung der richtigen Werte bewegt. Das kann dauern und mit Dosierungen unter 1000 µg täglich kommt man bei solch einer Ausgangslage kaum voran. Bei einem Ausgangswert über 800 pg/ml muss man nicht unbedingt etwas einnehmen, doch die meist 500 bis 800 µg B12 eines hochdosierten Vitamin-B-Komplexes sind dann eine ganz praktische Erhaltungsdosis.

B12 als Cyanocobalamin muss der Körper erst aufwändig umwandeln. Sinnvoller sind Produkte mit einer oder allen dreien der oben genannten körpereigenen Formen.

Niedrige B12-Spiegel sind nicht direkt tödlich, aber eine ernste Sache. Wenn B12 im Blut fehlt, kann man mit der Dosierung kaum etwas falsch machen. Hohe Dosierungen führen höchstens zu Akne. Begleitende Gabe von Biotin (B7) kann das verhindern und ist ohnehin wichtig für die Wirksamkeit einer dauerhaften B12-Therapie.1 Auch das zeigt die Sinnhaftigkeit eines B-Komplexes.

Noch einmal zur Wiederholung: Neben den genannten spezifischen Ursachen erhöhten Bedarfs gelten allgemein auch Schwangerschaft, Stillzeit, Stress und hohe Belastung, Sport beziehungsweise Leistungssport, Alter und Wachstum sowie der Konsum von Alkohol und Zigaretten. Ebenfalls praktisch allgemeingültig für die B-Vitamine ist die Funktion in Energiestoffwechsel, Mitochondrien und Nervensystem, Blutbildung und Regeneration, für Steroidhormone und Psyche, Haut, Schleimhäute, Haare und Nägel sowie die Gesundheit der Augen und des Herz-Gefäßsystems. Und es ist äußerst selten, dass einem Menschen nur ein B-Vitamin fehlt. Meist sind es mindestens zwei oder drei.

Wesentlicher Unterschied des B12 zum Rest der Gruppe: Es ist zwar auch wasserlöslich, kann jedoch in der Leber gespeichert werden.

Es gibt einen wichtigen Schlüsselwert, der einen Mangel an B-Vitaminen anzeigen kann, selbst wenn die B-Vitamin-Spiegel auf dem Papier gut aussehen:

Homocystein: Der Feind von Gefäßen, Nerven und Augen

Homocystein ist eine schwefelhaltige Aminosäure, die im Stoffwechsel als Zwischenprodukt im Abbau der essenziellen Aminosäure Methionin entsteht. Homocystein steht in Verbindung mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Thrombosen und neurologischen Störungen, jedoch auch Augenkrankheiten wie Glaukom (grüner Star), Makuladegeneration, Retinopathie und Gefäßverschlüssen der Netzhaut. Es fördert Entzündungen und oxidativen Stress

Wie verhindert oder minimiert man diese Risiken? Durch einen niedrigen Homocystein-Wert von 6 bis 8 µmol/l. Dafür muss Homocystein zu Cystein abgebaut oder zu Methionin recycelt werden. Und genau dabei helfen Vitamin B6, B9 und B12 sowie B2 und B7 als Cofaktoren.

Wenn diese Vitamine fehlen oder im Defizit sind, kann sich Homocystein anreichern, weil es nicht schnell beseitigt wird. Das wirkt wie ein betrunkener Zwischenhändler mit defektem Lieferwagen, der die Infrastruktur (Arterien und andere Blutgefäße) beschädigt und das Risiko für Unfälle (Thrombosen, Infarkte) erhöht.

B-Vitamine, Blut und Energie

Fast jedes Kind weiß: Wir brauchen Sauerstoff zum Leben. Oder wenigstens: Wir müssen atmen. Sauerstoff wird über das Blut transportiert, genauer durch das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen. Weniger Hämoglobin im Blut bedeutet: Weniger Sauerstoff im Umlauf, dadurch weniger Energie, Kraft und Vitalität. Dann kann man noch so viel essen und Energie aufnehmen: Wenn nicht genug rote Blutkörperchen vorhanden sind, fehlt einfach eine Komponente guter Energieversorgung.

Zu den essenziellen Aufgaben der B-Vitamine gehört ihr Mitwirken an der Blutbildung und damit letztlich an einem gut funktionierenden Sauerstofftransport im Körper und dem Empfinden guter Energieversorgung.

Und was passiert mit dem Sauerstoff nach dem Transport zum Ziel? Er wird in den Mitochondrien, den Zellkraftwerken, beim Abbau von Nährstoffen verbrannt. Das kann man sich vorstellen wie ein Holzfeuer im Kamin, das ohne Zufuhr von Sauerstoff ebenfalls nicht brennt. Und auch für die Gesundheit und Funktion der Mitochondrien sind die B-Vitamine wichtig.

Wer braucht Vitamin-B-Supplementation?

Deutschlandweit (und darüber hinaus) sind Vitamin-B-Defizite oder -Mängel weit verbreitet, der Bedarf ist groß. Gilt das nur für Fast-Food-Fans? Oder haben einfach nur viele Veganer einen B12-Mangel? Leider nicht. Die Erfahrung zeigt: Jeder meiner Klienten benötigt mehr von meist mehreren B-Vitaminen. Auch bei mir selbst haben sich in der Vergangenheit trotz einer Ernährung reich an B-Vitaminen und gesundem Lebenswandel Defizite gezeigt. Ursache war eine lange Zeit hoher Belastung.

Derweil darf man die üblichen Gründe für flächendeckende Nährstoffmängel, die ich in diesem Podcast regelmäßig erwähne, nicht vergessen: Der Nährstoffgehalt unserer landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist bedingt durch die Produktionsmethoden massiv gesunken; wir verzehren immer mehr Fertiggerichte und Fast Food; die Darmgesundheit hat allgemein abgenommen, dadurch ist die Nährstoffaufnahme verschlechtert; wir nehmen mehr Antinährstoffe wie Oxalate, Phytate und Lektine durch Getreide, Hülsenfrüchte und Ölsaaten auf, welche die Bioverfügbarkeit von Mikronähstoffen verschlechtern; und wir verbrauchen schlichtweg mehr Nährstoffe.

Letzteres war die Kernursache meines Defizits an Vitamin B12 und das ist mit Blick auf die zuvor erwähnten Gründe erhöhten Bedarfs klar: Leistungssport, Stress, psychische Belastungen erhöhen den Bedarf an Mikronährstoffen im Allgemeinen genauso wie Schwangerschaft, Stillzeit, Wachstum und Alter.

Natürlich kann man theoretisch seinen Bedarf senken, indem man weniger leistet. Selbstverständlich kann man die Zeit beklagen, in der wir leben, die viel von uns fordert. Aber auch diese Zeiten, diese Umwelt haben wir selbst geschaffen. Wer darüber die Hände in die Luft wirft und jammert, begibt sich in die Opferrolle und gewinnt nichts. Ernährung und Bewegung, Schlafhygiene und Stressbewältigung, Geisteshaltung und Beziehungen: Am eigenen Lebenswandel kann man immer arbeiten und vieles bewirken zugunsten der eigenen Gesundheit.

Für bestes Wohlbefinden oder bis ins hohe Alter anhaltende Gesundheit kann es trotzdem nötig, mindestens aber hilfreich sein, wenn man B-Vitamine in Form von Supplementen zuführt.

Vitamin-B-Supplementation: Messen? Oder einfach reinkippen?

Ich bin ein Freund pragmatischer Lösungen. Daher hinterfrage ich stets den therapeutischen Nutzen einer Maßnahme. Was heißt das? Wenn klar ist, dass ich eine Lungenentzündung habe und der Therapieplan steht, brauche ich kein Röntgenbild meiner Lunge. Das Röntgenbild hätte keinen therapeutischen Nutzen: Es dient nicht meiner Genesung.

Natürlich ist Messen besser als Schätzen. Wenn man einen B9-Mangel vermutet, also schätzt, und daraufhin viel B9 einnimmt, jedoch in Wahrheit schon bestens versorgt war, dann hat man nutzlos Geld ausgegeben. In dem Sinne ist eine Messung der Mikronährstoffspiegel sinnvoll, auch um etwaige Überdosierungen zu vermeiden. Allerdings kostet auch eine Messung Geld und Zeit; und da bei fast allen B-Vitaminen praktisch keine realistische Gefahr einer Überdosierung besteht, könnte man argumentieren: Wem die Supplementation finanziell nicht wehtut, der kann einfach supplementieren, primär aus zwei Gründen:

  1. Entweder zur Prophylaxe, denn Mängel vermeiden ist gesünder und einfacher als entstandene Mängel beheben;
  2. oder mit klarem symptomatischem Bezug, etwa Energiemangel, Schlappheit oder konkret zum Beispiel Schwierigkeiten bei der Blutbildung.

Sinnvoll ist dafür aus meiner Sicht allerdings nur ein Vitamin-B-Komplex, und zwar ein hochdosierter. Bis auf wenige Ausnahmen ist dabei das einzige Risiko auf Dauer ein leeres Portemonnaie.

Für die Einnahme einzelner B-Vitamine wie B5, B6 oder B12 sollten entweder wirklich sehr spezifische Symptome vorliegen, etwa Schlafstörungen, Schwierigkeiten bei der Wundheilung oder niedrige Werte für Erythrozyten; oder ein jeweils tatsächlich niedriger Messwert.

B-Vitamine: Was ist bei der Messung zu beachten?

In der Regel misst man die Werte im Serum. Teilweise unterscheiden sich die Messmethoden und man ist darauf angewiesen, was Praxis oder Labor anbieten. Das hat man meist nicht in der Hand. Was man kontrollieren kann, ist das eigene Verhalten:

  • 48 Stunden vor der Blutabnahme sollte man jegliche Supplemente absetzen;
  • in den 24 Stunden vor dem Termin keine intensive Sporteinheit einlegen;
  • und die letzte Mahlzeit mindestens 12 Stunden vorher einnehmen, also nüchtern zum Termin erscheinen.

Abweichungen davon können die Blutwerte verfälschen und besonders eine Messung zum Beispiel des Homocysteins zur reinen Geldverschwendung machen. Sinnvolle Werte mit Bezug auf die Referenzbereiche habe ich zuvor angegeben.

Mikronährstoffe: Alles nur gefährliche Geldmacherei?

Lange Zeit fand ich Supplementation von Mikronährstoffen unnötig. Mein Argument war: Ich ernähre mich von Lebensmitteln reich an Mikronährstoffen, verarbeite alles selbst sorgfältig, meide Antinährstoffe und achte auf Vielseitigkeit.

In der Theorie ist dieser Gedankengang völlig korrekt. Doch in der Praxis zeigt sich aus den zuvor genannten Gründen: Gesunde Ernährung allein genügt meist nicht. Spätestens ab dem 30. oder 40. Lebensjahr, meistens aber schon vorher zeigen sich die Folgen von Nährstoffdefiziten entweder nur im Blut oder bereits als handfeste Symptome wie Funktionsstörungen einzelner Organe wie Schilddrüse, Haut oder Muskeln. Das habe ich selbst erlebt, das beobachte ich bei meinen Klienten und diese Erfahrung teilen meine Kollegen.

Mitursache dieser Defizite sind die derzeitigen Empfehlungen zur täglichen Einnahme von Mikronährstoffen durch Läden wie die DGE oder das Bundesinstitut für Risikobewertung. Diese Empfehlungen beruhen auf statistischen Mittelwerten zum Vermeiden von Mangelkrankheiten, dienen jedoch keinesfalls zur Herstellung individuell bester Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Dennoch suggerieren diese Institute durch ihre Aussagen zweierlei: 1. Die Einnahme der angegebenen Mengen genüge und 2. Eine höhere Einnahme sei schädlich. Ersteres mag insofern stimmen, als diese Werte tatsächlich extreme Mängel verhindern können; zweiteres ist besonders mit Blick auf die B-Vitamine weitgehend völliger Unfug.

Nicht geholfen ist der Situation durch schlampige oder manipulative Berichterstattung sogenannter Journalisten, deren Arbeit nicht der Wahrheit, sondern einzig dem Erzeugen von Aufmerksamkeit dient. Die schnappen sich einzelne Sätze aus Studien, die sie selbst nicht gelesen oder verstanden haben und schreiben daraus Schlagzeilen zusammen nach denen die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mehr oder weniger zu sofortigem Tod führe oder zumindest grundsätzlich nutzlos sei – in verschiedenen Variationen. Die zahlreichen Fehler solchen Vorgehens entlarvt Dr. Bodo Kuklinski in nur einem von vielen aufklärenden – dafür wenig sensationalistischen – Fachartikeln mit dem Titel »Zur „Gefährlichkeit“ von Vitaminen und Mikronährstoffen«2, in dem er akribisch die Fehler solchen Vorgehens der Medien erläutert und richtigstellt.

Ich selbst wecke freilich Skepsis durch die Sponsoren meines Podcasts: Meine Arbeit wird zu einem kleinen Teil mitfinanziert durch meine Partnerschaft mit einem Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Dieser Anteil ist verschwindend gering, aber ich lege ihn trotzdem offen, da mir Transparenz wichtig ist. Diese Finanzierung gilt unabhängig der von mir geäußerten Meinungen und Worte sowie der Themenwahl. Solche Partnerschaften ermöglichen erst, dass ich Zeit in diesen Podcast investieren und Hilfsmittel zu gesundem Lebenswandel weit über Mikronährstoffe hinaus kostenlos für zigtausende Menschen zur Verfügung stellen kann.

Derweil kann ich offen aussprechen, dass es auch bei Sunday Natural reichlich Produkte gibt, die ich für völlig überflüssig halte – das ändert nichts an der hohen Qualität ihrer Ware. Für das Sprechen über Mikronährstoffe werde ich nicht bezahlt. Sondern ich spreche darüber, weil ich am eigenen Leib erfahren durfte, wie hilfreich eine Supplementierung sein kann auch bei noch so vielseitiger und gesunder Ernährung und Kloster-artiger Disziplin im Lebenswandel. Auch meine Klienten erleben das immer wieder. Nahrungsergänzungsmittel können schwere Erkrankungen verhindern.

Und dabei werde ich nicht müde zu erwähnen: Vor jeglicher Ausgabe für Supplemente sollte man seine Hausaufgaben in den Fächern des Lebenswandels erledigen. Bewegung und Ernährung, Schlafhygiene und Stressbewältigung, Geisteshaltung und gesunde soziale Beziehungen sind das Fundament gesunden Lebens mit hoher Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Eine Verbesserung hier kostet keinen Cent.

In dem Zusammenhang wiederhole ich mein Beispiel: Wenn du eine Brandschutzversicherung abschließt und einen Feuerlöscher kaufst, damit du in deinem Holzhaus mit offenem Feuer spielen kannst, dann bekommst du vielleicht das Feuer unter Kontrolle und die Reparaturkosten ersetzt; aber den Schaden hast du trotzdem und die Hütte wird brennen. So ist das mit Lebenswandel und Supplementen: Ganz gleich wie viele Supplemente man schluckt: Fürs Biersaufen, Pizzafressen und Rauchen bezahlt man in jedem Fall, auch wenn man mit Nahrungsergänzungen ein paar Probleme eindämmen kann.

Zusammenfassung

B-Vitamine kann man sich vorstellen wie Reinigungsmittel für den Körper: Sie sorgen für reibungslosen Betrieb. Dafür braucht man ständig Nachschub – B-Vitamine sind wasserlöslich.

Diese Vitamingruppe ist allgemein wichtig für Energiestoffwechsel, Mitochondrien und Nervensystem, Blutbildung und Regeneration, für Steroidhormone und Psyche, Haut, Schleimhäute, Haare und Nägel sowie die Gesundheit der Augen und des Herz-Gefäßsystems. Im Einzelnen, je nach B-Vitamin, geht die Funktion deutlich weiter.

Ähnlich unter den B-Vitaminen sind auch die Symptome bei Mängeln: Zum Beispiel Müdigkeit, Nervenschäden, Hautveränderungen, Probleme mit der Blutbildung.

Weitere Ähnlichkeiten bestehen bei den Ursachen erhöhten Bedarfs, wobei sie diese mit anderen Mikronährstoffen teilen: Schwangerschaft und Stillzeit, Leistungssport, Wachstum und Alter sind allesamt verbreitete Gründe für erhöhten Bedarf auch an B-Vitaminen. Weitere Ursachen sind Umwelt- und Konsumgifte wie Alkohol und Zigaretten.

Fast jeder hat ein Defizit bei mindestens einem B-Vitamin, meist sind zwei oder drei Werte suboptimal. Die Dosierung ist relativ einfach und bei den meisten B-Vitaminen im Fall eines Mangels oder Defizits sicher, was mit der Wasserlöslichkeit zusammenhängt. Ein hochdosierter B-Komplex ist in vielen Fällen eine gute, häufig jedoch keine ausreichende Lösung. Wer zielführend vorgehen möchte, lässt seine Vitamin-B-Spiegel im Serum bestimmen.

B-Vitamine und Mikronährstoffe sind weder gefährlich, noch reine Geldmacherei. Es sind essenzielle Nährstoffe welche dem Verhindern schwerer Erkrankungen dienen und viele gesundheitliche Probleme beseitigen können.

Vor jeglicher Ausgabe für Supplemente sollte man die Grundlagen seines Lebenswandels im Griff haben. Eine Investition hier kostet keinen Cent und bildet das Fundament exzellenter Gesundheit.

Wie sieht es bei dir aus mit dem Energielevel? Hast du dir dahingehend mal Gedanken um deinen Vitaminstatus gemacht? Schreib es gerne in die Kommentare.

Fußnoten

  1. Kuklinski B. Zur „Gefährlichkeit“ von Vitaminen und Mikronährstoffen OM & Ernährung 2009 Nr. 127
  2. Kuklinski B. »Zur „Gefährlichkeit“ von Vitaminen und Mikronährstoffen« OM & Ernährung 2009 Nr. 127