Essen bringt Genuss mit sich, Geselligkeit und Befriedigung. Neben diesen positiven Assoziationen ist es für viele mit der Angst vor dem Dickwerden verbunden. Essen kann glücklich und unglücklich machen. Nicht gleichzeitig, sondern nacheinander: Nach dem freudigen Festmahl folgt der panische Blick auf die Hüfte. Doch zu dieser Gefühlsachterbahn muss es nicht kommen. Wir können dem Essen allein die positiven Emotionen entlocken und das böse Erwachen vermeiden. Wenn wir verstehen, wie Essen uns glücklich macht.
Essen macht glücklich
Wir kennen Serotonin als sogenanntes Glückshormon. Seine Vorstufe, das Tryptophan, ist tatsächlich ein natürliches Antidepressivum und eine essenzielle Substanz für den Menschen. Nahrungsmittel mit derartigen, natürlichen Chemikalien gelten entsprechend als stimmungsaufhellend, als Glücklichmacher. In eine ähnliche Kategorie fallen die durch Salz, Zucker und Fett aufgemöbelten Produkte, welche mit einem großen Hammer die Glocken im Belohnungssystem unseres Gehirns läuten.
Auch der einfache Genuss eines köstlichen Mahls, die pure Freude am guten Geschmack, kann Glücksgefühle auslösen. Oftmals ist es allein die Erinnerung an emotionale Geborgenheit, die zur guten Stimmung beiträgt. Etwa, wenn wir eine Lasagne bekommen, wie sie früher nur die Großmutter hinbekommen hat: Vor dem geistigen Auge sitzen wir wieder als 10-jähriger am Tisch der Oma, zusammen mit dem Rest der Familie, friedlich vereint mit Kerzen und Kaminfeuer.
Die Vielzahl aromabefreiter und massenproduzierter Fertigprodukte auf dem Markt suggeriert allerdings, dass Essen noch auf anderen Wegen glücklich machen kann. Nicht, dass eine fettige Billigpizza nicht an einen gelungenen Videospieleabend mit Freunden erinnern könnte. Erinnerungen und Gefühle können wir an praktisch alles heften. Doch was ist mit jenen Dingen, die weder entsprechende Substanzen enthalten, noch uns ausgesprochen gut schmecken oder Erinnerungen wecken? Wie sollte so ein Nahrungsmittel uns Glück bereiten?
Indem es unser Gehirn gegen uns benutzt. Durch Illusionen. Der Glaube kann Berge versetzen. Uns durch Junkfoodverzehr Befriedigung einzureden ist daher ein Leichtes für unser Bewusstsein. Und da unser Leben sich ohnehin nur in unseren Köpfen abspielt, ist diese Befriedigung Realität. Unsere eigene Realität.
Essen macht unglücklich
Nämlich oft dann, wenn es dick macht. Oder wenn man es mit Disziplin belegt und sich Schuldgefühle einredet. Oder wenn man zu viel darüber nachdenkt. Oder wenn es uns verunsichert.
Essen ohne Hunger zu haben: Die innere Leere füllen
Neben Energieaufnahme, Genuss und Geselligkeit essen Menschen noch aus anderen Gründen: Langeweile, Einsamkeit, Müdigkeit oder Frust.
Dieses emotionale Essen ist eine der häufigsten Ursachen für Übergewicht. Langeweile, Leidenschaftslosigkeit oder Frust werden zu einem Loch, das wir mit Hunger verwechseln und durch Essen zu stopfen versuchen. Und das häufig unbewusst, speziell im Falle der Langeweile. Folgt darauf eine Gewichtszunahme, erhöht sich möglicherweise der Frust und ein teuflischer Kreislauf kann beginnen: Eine handfeste Essstörung. Alles andere als Glücklichkeit.
Zufriedenheit ist nicht Glücklichkeit
Und hier schließen wir an den zuvor genannten Begriff an: Befriedigung. Denn Befriedigung, oder präziser: Zufriedenheit, ist nicht Glücklichkeit. Befriedigt man seinen Trieb oder ein Bedürfnis, lindert dies bestenfalls die Unzufriedenheit. Wer auf der Toilette war, ist dadurch nicht glücklich. Er hat lediglich ein Bedürfnis befriedigt. Die vielerorts gebrauchte Phrase glücklich und zufrieden verwischt häufig diesen essenziellen Unterschied.
So funktioniert das Essen ohne Hunger häufig: Es befriedigt, aber es macht nicht glücklich. Nicht chemisch und nicht durch guten Geschmack oder die Erinnerung an eine bessere Zeit.
Die Ursache des Übergewichts
Das Problem ist demnach nicht vornehmlich Unkenntnis über gesunde oder ungesunde Lebensmittel oder Bewegungsmangel oder industrielle Nahrungsmittel. All diese spielen tragende Rollen, sie sind Mittel, Wege und Werkzeuge. Doch sie sind keine ultimativen Gründe. Der ultimative Grund für Übergewicht ist: Zu viel essen.
Wie kann man das vermeiden?
Es klingt alles ganz einfach und plausibel. Was ist nun das Rezept gegen dieses emotionale Essen? Standardlösungen sind unrealistisch, dafür sind Menschen zu verschieden. Doch einige Lösungsansätze sind vielversprechend.
Bewusstsein
Wissen und Verständnis um diese Mechanismen sind ein wichtiger Ausgangspunkt. Wer die möglichen Probleme kennt, kann sie schneller entlarven, wenn er ihnen begegnet. Esse ich, weil ich wirklich Hunger habe? Oder ist mir nur langweilig oder möchte ich meinen Frust ausmerzen?
Diese Fragen muss man sich nicht bei jeder Mahlzeit stellen. Eher dienen sie dem Überblick. Wir können Sie uns stellen, wenn etwas nicht stimmt mit dem Essen oder der Stimmung.
Gewohnheiten umbilden
Ein sinnvolles Gegenmittel ist dann nicht etwa: dagegen ankämpfen oder es einfach unterlassen. Denn es handelt sich um eine schlechte Angewohnheit. Legt man eine solche ab, hinterlässt sie abermals ein Loch. Sinnvoller ist daher der Ersatz durch eine gute Angewohnheit.
Wer merkt, dass er sich gerade aus Langeweile auf dem Weg zum Kühlschrank befindet, könnte die Route verändern, das Haus verlassen und eine Runde um den Block laufen. Zum Spaß. Oder ein paar Liegestütz machen, um zu schauen, wie viele man schafft. Oder, noch viel besser, Musik auflegen und tanzen.
Leidenschaft
Fast jeder kennt jemanden, der gelegentlich das Essen vergisst, weil er in seine Arbeit oder sein Hobby vertieft ist. Wer in seiner Beschäftigung aufgeht und seine Leidenschaft darin findet, ist glücklich – oder wenigstens zufrieden. Glückliche und auch zufriedene Menschen essen kaum aus Langeweile.
Ein ausgewogenes Leben
Ein freundliches, soziales Umfeld, Zeit in der freien Natur, Abwechslung und kleine Abenteuer, erfüllende Hobbys und kreative Beschäftigungen sind zugleich gute Prophylaktika und Heilmittel gegen emotionales Essen.
Nicht zu vergessen: Liebe, Nachsicht und Respekt sich selbst gegenüber. Wir alle fallen, machen Fehler, erleben Misserfolge. Das ist Teil unserer Menschlichkeit. Aus Frust zu essen ist keine Todsünde und kein Totalversagen. Es ist, was es ist. Und wenn man es erkennt und sich der möglichen Konsequenzen bewusst ist, dann kann man daran arbeiten. Wenn das nicht sofort gelingt, versucht man es weiter. Es ist kein Grund, mit sich selbst unzufrieden zu sein, sich zu hassen oder zu verzweifeln. Dafür ist das Leben zu kurz.
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