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Diese Glaubenssätze schaden dir

Glaubenssätze sind Überzeugungen oder Meinungen, die unsere Sicht auf die Welt und das Leben prägen und unser Handeln bestimmen. Vieles davon schnappen wir bereits in der Kindheit und Jugend auf; Eltern leben sie uns vor; und während wir weiter reifen bringen uns auch eigene Erfahrungen zu diesen Ansichten.

Einige dieser Glaubenssätze sind gemeinsame Werte, die wir als Gesellschaft teilen, oft religionsübergreifend: Du sollst nicht töten. Du sollst nicht stehlen. Dieses Wertesystem ermöglicht erst unser Zusammenleben in Frieden.

Andere Glaubenssätze sind weniger essenziell für das gemeinsame Überleben. Zum Beispiel Ansichten darüber, wie man sein Leben gestaltet, was für eine Art Mensch man heiratet oder wieviel seiner Lebenszeit man einem Arbeitgeber gegen Geld anbieten sollte.

Glaubenssätze prägen dein Leben

So wirken Glaubenssätze wie die verschiedenen Tönungen von Sonnenbrillen: Jeder Mensch sieht durch seine Glaubenssätze die Welt ein wenig anders. Wichtiger: Bestimmte Farben der Welt, Facetten des Lebens bleiben dir durch diese Tönung verborgen. Wenn du mit der Überzeugung aufwächst, ein anständiger Bürger müsse jede Woche 40 oder mehr Stunden in Festanstellung erwerbstätig sein, kannst du dir im späteren Leben Halbtagsarbeit häufig gar nicht vorstellen – diese Facette es Lebens existiert für dich dann nicht. Der Glaubenssatz erzeugt somit eine Barriere – und engt dich ein. Und zwar unter Umständen in einer Situation, die dir Stress bereitet.

Glaubenssätze können dir also schaden. Häufig sind es ungeschriebene Quasi-Gesetze, die du als gesellschaftlichen Druck empfindest. Doch in Wirklichkeit besteht dieser Druck nur in deiner Vorstellung, wobei er dadurch nicht weniger Schaden anrichtet. Denn Druck oder Stress – Empfindungen, auf die du psychologisch reagierst – äußern sich letztlich auch durch gesundheitsschädliche Änderungen des Hormonsystems. Zum Beispiel führt Angst häufig zu einem Anstieg des Cortisolspiegels. Der Einfluss von Emotionen und Psyche auf das Hormonsystem und die übrige Physiologie ist heute nicht mehr umstritten. Glaubenssätze können auf diesem Weg zu schweren körperlichen Erkrankungen führen.

Fachbegriffe dafür sind Psycho­neuro­immunologie oder gar Psycho­neuro­immuno­endokri­nologie – mit anderen Worten: Alles hängt zusammen. Psyche, Nerven­system, Immun­system und Hormon­system deines Organismus stehen miteinander in vielfacher Wechsel­wirkung.

Heilung von Glaubenssätzen

Der Schlüssel zur Heilung ist die aktive, freie und informierte Wahl des Individuums: Du musst deine Glaubenssätze als solche identifizieren, analysieren und dich zuallererst selbst von der Tyrannei deiner Glaubenssätze befreien.

Beispiele für schädliche Glaubenssätze sind:

Ich muss stark sein

Leben ist eine Herausforderung. Vieles im Leben ist schwierig und früher oder später treffen dich Schicksalsschläge. Den einen mehr, den anderen weniger. Deswegen musst du stark sein.

Allerdings endet deine Kraft irgendwann. Es gibt Ereignisse, unter denen du zusammenbrichst. Das ist keine Schande und auch kein Zeichen von Schwäche. Manche Dinge sind einfach zu viel: Wenn du keine 1800-kg-Hantel anheben kannst, macht dich das nicht zum Schwächling.

Du musst erkennen, wenn du nicht genug Kraft hast. Dann muss du dir Hilfe suchen. Sonst wirst du krank.

Allerdings: Unsere Gesellschaft fordert heute unbedacht, jeder müsse »auch mal Schwäche zeigen.« Das ist falsch. Schwäche ist zum Beispiel, wenn man seinen hedonistischen Impulsen nachgibt und fremdgeht. Das ist dann häufig ein Moment der Schwäche. Muss man das tun? Auf keinen Fall.

Richtig ist: Jeder Mensch macht Fehler und ist verwundbar. Deine Fehler und Verwundbarkeit musst du anerkennen und zeigen. Sonst wirst du ihnen erliegen.

Ich darf nicht wütend sein

Wut ist eine lebenswichtige Emotion. Wenn du nie wütend bist, wirst du krank. Wut dient der Abwehr von Gefahren. Ein in die Ecke getriebenes Beutetier kann durch seine Wutreaktion seinen Verfolger vertreiben. Zwei verfeindete Katzen demonstrieren ihre Wut durch Körpersprache und Laute und können so einen Kampf vermeiden. Solch instinktive Nutzung von Wut haben wir geerbt.

Wut brauchst du zum Verdeutlichen von Grenzen. Für dein Gegenüber, aber auch für dich selbst. Hier ist Innen, da ist Außen. Hier ist Frieden, da ist Gefahr. Ein häufiges Muster in problematischen Beziehungen ist zum Beispiel mangelnde Trennungsaggression: Dein Partner geht fremd und gibt dir reichlich Gründe, die Beziehung zu beenden. Du jedoch hast Angst vor diesem Schritt – Angst, durch diese aggressive Maßnahme nicht mehr geliebt zu werden. So bleibst du in der unglücklichen Beziehung – einer für dich gefährlichen Situation – und wirst zusehends krank.

Mangelnde Wut ist schädlich. Wer Wut unterdrückt, schadet seiner Gesundheit.

Wenn ich wütend bin, bin ich keiner Liebe würdig

Da Wut der Abwehr von Gefahren dient, führt sie zu Lösungen. Drückt man seine Wut richtig aus, verbessert sie eine Beziehung, statt sie zu verschlechtern. Wenn der Partner mit gesund ausgedrückter Wut nicht umgehen kann, ist das sein Problem und er ist in der Regel noch nicht reif für eine Beziehung.

Wut ist ein lebenswichtiger Teil von dir – von jedem Menschen. Wer dich liebt, muss auch deine Wut lieben. Jedoch nur, wenn du sie gesund ausdrückst. Auch das ist eine Form von Ehrlichkeit.

Ich bin für die ganze Welt verantwortlich

Du bist verantwortlich für deine Aufgaben. Und du trägst die Verantwortung für dein Potenzial zur Zerstörung: Du musst das Monster in dir kennen, akzeptieren und kontrollieren. Du musst eingestehen, dass auch du einen Menschen schlagen oder töten könntest und würdest, wenn du in die entsprechende Situation gerietest. Denn jeder Mensch ist zu allem fähig, was ein Mensch jemals begangen hat.

Verantwortung trägst du auch für das Einhalten von Grenzen. Du musst begreifen, wo du aufhörst und wo andere Menschen anfangen; was du kontrollieren kannst und was außerhalb deiner Kontrolle liegt.

Nicht verantwortlich bist du für die Aufgaben anderer; für die Sauberkeit vor der Tür deines Nachbarn; für die Glücklichkeit deines Partners.

Trenne unbedingt auch Verantwortlichkeit und Schuld. Du trägst Mitverantwortung (nicht alleinige Verantwortung!) für alles, was Menschen tun – einfach nur, weil auch du ein Mensch bist. Jedoch bist du nicht an allem Schuld.

Ich kann alles tragen

Niemand kann alles tragen. Nicht jeder kann gleich viel tragen. Wenn du dir mehr auflädst als du tragen kannst, brichst du zusammen und wirst krank. Dann wirst du selbst zur Last für andere und kannst niemand anderem mehr helfen.

Achte deine Grenzen. Teile die Last, wenn nötig.

Niemand will mich – niemand liebt mich

Isolation macht krank und Einsamkeit zerfrisst die Seele und anschließend den Körper. Da besteht kein Zweifel. Allerdings ist der Glaube, du wärest Einsam, eine Illusion und ein pathologischer, ungesunder Glaubenssatz.

Wohl musst du Alleinsein und Einsamkeit unterscheiden lernen. Alleinsein lässt sich nicht immer vermeiden und es kann heilsam sein. Viele Menschen benötigen mehr oder weniger oft Abstand vom Trubel anderer Menschen, damit sie durchatmen, sich erholen und ihre Balance wiederfinden können.

Einsamkeit hingegen ist eine Entscheidung. Einsam kann man nur sein, wenn man glaubt man könne gar keine Verbindung zu anderen Menschen aufbauen. Das setzt voraus, dass überhaupt andere Menschen da sind. Und in der Tat: Wenn man diesem Glauben, man sei isoliert, erliegt, dann ist der Aufbau von Verbindungen umso schwieriger. Die Prophezeiung erfüllt sich selbst. Derweil ist die reale Welt voller Menschen, Gemeinschaften und Dinge, zu denen du dich zugehörig fühlen kannst. Das ist allein deine Entscheidung.

Erstens ist es wirklich so: Auf jeden Topf passt ein Deckel – in Freundschaft wie in Partnerschaft.

Zweitens ist der Aufbau von Verbindungen kinderleicht, wenn man zuerst die Verbindung zu sich selbst entwickelt: Wer sich selbst nicht liebt, kann auch nicht wirklich geliebt werden. Wirklich bereichernde Beziehungen entstehen nie aus einem Zustand der Leere und des Mangels, sondern stets aus Fülle und Überfluss. Wenn du vor Selbstliebe und Zufriedenheit strahlst wie ein Leuchtturm in einer stürmischen Winternacht, ziehst du die richtigen Menschen an.

So lernst du echte Selbstliebe: Wie liebt man sich richtig selbst?

Wenn ich nichts tue, existiere ich nicht. Ich muss meine Existenz rechtfertigen

Verwechsle niemals tun mit sein. Du existierst auch, wenn du gar nichts tust. Mehr noch: Viele Menschen nutzen dauernde Aktivität, weil sie sich vom Sein ablenken wollen – oft aus Angst vor der Auseinandersetzung mit sich selbst.

Verwechsle auch nicht Trubel mit Leben. Du existierst auch, wenn du allein bist, wenn dich niemand hört oder sieht und du nichts von anderen Menschen mitbekommst. Auch hier gilt: Alleinsein in Stille ist nicht nur in Ordnung, sondern wichtig.

Du musst dein Dasein nicht rechtfertigen durch Einkommen oder Status, Leistung oder Beschäftigung. Geh in aller Ruhe deinen eigenen Geschäften nach, so wie du das für richtig empfindest.

Was du für diese Selbstsicherheit brauchst? Neben echter Selbstliebe benötigst du absolute Ehrlichkeit dir selbst Gegenüber. Die Fragen nach Wieviel und Was erübrigen sich genau dann: Wenn du aufhörst, dich selbst darüber zu belügen, wer du sein kannst. Frage dich: Wer will ich sein? Du kannst sein, wer du sein willst. Du kannst der sein, der für seine Lieben da ist; der, der stets an sich selbst arbeitet; jener, dem Menschen wichtiger sind als Materie.

Finde heraus, was deine Werte sind. Wofür stehst du? Wer willst du sein? Schon wenn du dir diese Fragen aufrichtig stellst, wird das Gefühl von Selbstwert dir den Weg weisen. Wenn du Selbstliebe erreichst, erkennst du: Die Frage nach der Rechtfertigung deiner Existenz ist längst beantwortet.

Du tust genug. Du hast genug. Du bist genug.

Lebe in Frieden mit dir selbst

Bleib auf der Hut vor Glaubenssätzen, die dich krank machen oder einschränken. Ganz ohne Glaubenssätze – Weltanschauung, Sichtweise – kommt kein Mensch durchs Leben. Denn die Welt ist zu groß und komplex, um ständig alles ohne die sprichwörtliche Sonnenbrille ungefiltert neu zu beurteilen. Wichtig ist allerdings das Bewusstsein für die eigenen Filter und Einschränkungen, sowie die Offenheit, alles auch mal in neuem Licht zu betrachten. Und sich vielleicht mal eine neue Sonnenbrille zu gönnen.