Unregelmäßiger Schlaf schadet der Gesundheit. Zugleich ist Schichtarbeit aus unserer Zivilisation kaum wegzudenken, denn selbst wer auf die Produktion von Gütern in der Nacht verzichten mag, freut sich doch, wenn bei einem Notfall in der Nacht Rettungshelfer, Ärzte und Krankenschwestern bereitstehen – und ihre eigene Gesundheit dadurch kompromittieren. Schlafstörungen, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, Depressionen, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, mangelnde Motivation, Energie oder Initiative sind lediglich die oberflächlichen Symptome.
Der Mensch ist ein tagaktives Säugetier und bereits wer abweicht vom natürlichen Tagesrhythmus (also nachts nicht schläft) beeinträchtigt seine Gesundheit. Die innere Uhr des Menschen eicht sich täglich durch Sonnenauf- und Untergang und wer diesen sogenannten zirkadianen Rhythmus stört, kompromittiert direkt sein Hormonsystem und damit sein Immunsystem, sein Verhalten und seine Leistungsfähigkeit.
Nach den Tipps für besseren Schlaf und zur Pflege der Schlafhygiene stellt dieser Artikel Hilfsmittel für Schichtarbeiter vor, die den Kompromiss zwischen Schlaf und Arbeit nicht umgehen können.
Wer ausschließlich die Nachtschicht arbeitet, belastet sich zwar weniger als ein Arbeiter in Wechselschicht, der jeden Tag zu einer anderen Zeit im Bett landet. Dennoch gilt auch für den stets nachtaktiven Arbeiter die Abhängigkeit vom Sonnenlicht. Daher finden die folgenden Hinweise Anwendung für alle Formen der Schichtarbeit.
1. Wechsele die Schicht möglichst selten
Bemühe dich, mindestens zwei Wochen am Stück die gleiche Schicht zu arbeiten. Häufigere Änderungen der Schicht und damit deines Tagesrhythmus wirken sich verheerend auf den Cortisolspiegel und das Dopaminsystem aus.
An vielen Arbeitsplätzen wird zugunsten der Bequemlichkeit einzelner Mitarbeiter unnötig eine Arbeit in täglich wechselnden Schichten hingenommen. Heute Frühschicht, morgen Nachtschicht und übermorgen Spätschicht: Totales Chaos für die innere Uhr und damit eine maximale Belastung für Körper und Geist. Die gesundheitlichen Folgen dieses Raubbaus am Körper bleiben oft versteckt. Doch der gestörte Rhythmus hinterlässt nachweislich spuren.
Es lohnt sich daher, das Thema anzusprechen und mit den Kollegen gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten. Meist fühlen sich die jüngeren Jahrgänge zwar immun, doch langfristig dient ein seltenerer Wechsel der Schicht der Gesundheit und Leistungsfähigkeit aller.
2. Geh direkt nach dem Aufstehen zur Arbeit
Dem natürlichen Verlauf des Energielevels folgend solltest du direkt nach dem Schlafen zur Arbeit gehen. Vereinfacht wäre der Rhythmus: 8 Stunden Schlaf, 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit. Lässt sich das nicht umsetzen, hat sich für viele Schichtarbeiter die Zweiteilung des Schlafs auf 4 Stunden direkt nach und 4 Stunden vor der Arbeit bewährt.1
3. Nachtschicht: Mache deine Nacht zum Tag
Nutze Licht entsprechend deines Tagesrhythmus. Nehmen wir an, du stehst um 19 Uhr auf und arbeitest von 22 bis 6 Uhr. Dann solltest du dich nach dem Aufwachen und während der Arbeit möglichst viel Licht aussetzen.
Meide andererseits helles Licht in den letzten vier Stunden vor deiner Zubettgehzeit um 11 Uhr. Dabei kann auch eine Sonnenbrille helfen.Schlafe im Dunkeln. Mach also deine (Arbeits-)Nacht zum Tag und den (verschlafenen) Tag zur Nacht.
4. Schichtrotation: Bereite den Wechsel vor
Bei der Rotation der Schicht, zum Beispiel von der Spät- zur Nachtschicht empfiehlt sich ein langsamer Übergang. Verschiebe die Schlafenszeit jeden Tag um ein bis höchstens zwei Stunden in Richtung der folgenden Schicht. So vermeidest du einen plötzlichen Wechsel und bekommst genügend Ruhe.2
Beispiel: Die aktuelle Schicht beginnt um 14 Uhr, nächste Woche Montag beginnt deine Schicht um 22 Uhr. Deine idealen Aufwachzeiten wären:
- Montag (Schicht um 14 Uhr): 2:00 Uhr
- Dienstag: 3:30 Uhr
- Mittwoch: 5:00 Uhr
- Donnerstag: 6:30 Uhr
- Freitag: 8:00 Uhr
- Samstag: 9:30 Uhr
- Sonntag: 11:00 Uhr
- Montag (nächste Schicht um 22 Uhr): 20 Uhr
Das sieht wild aus, vereinfacht deinem Körper jedoch die Umstellung und dient letztlich der Gesundheit. Es verstößt teilweise gegen Tipp #2, welcher das Arbeiten direkt nach dem Aufstehen empfiehlt. Hier kommt es auf die Gegebenheiten an.
5. Bleib wach
Besonders die widernatürliche Nachtschicht mit dem Mangel an Tageslicht fällt vielen Schichtarbeitern schwer. Ratsam ist daher zum Vermeiden von Schläfrigkeit und Unfällen, kurze Workouts einzulegen, Spaziergänge und allgemein möglichst viel Bewegung.
Koffeinhaltige Getränke können helfen, jedoch sollte man sie nur in kleinen Portionen über den Arbeitszyklus verteilt konsumieren. Größere Portionen konzentriert zum Beispiel zu Arbeitsbeginn können einen Koffein-Crash einige Stunden später herbeiführen.
6. Steuere gezielt deine innere Uhr
Unsere Abhängigkeit besonders von morgendlichem Tageslicht können wir nicht umgehen. Wer hier Kompromisse eingehen muss, kann allerdings den Mechanismus des Temperaturminimums nutzen um seine Schlafenszeit gezielt zu verschieben:
- Deine innere Uhr umstellen kannst du am einfachsten, indem du dein Temperaturminimum kennst. Das ist keine Temperatur, sondern ein Zeitpunkt, nämlich 90 bis 120 Minuten vor deiner durchschnittlichen Aufwachzeit. Bist du also in den letzten vier bis fünf Tagen gegen 6 Uhr aufgewacht, liegt dein Temperaturminimum zwischen 4 Uhr und 4:30 Uhr. Das ist der Zeitpunkt deiner niedrigsten Körpertemperatur.
- Wenn du deine Augen in den vier Stunden nach deinem Temperaturminimum hellem Licht aussetzt, wird deine innere Uhr vor gestellt und du wirst in den folgenden Tagen früher aufstehen (und zu Bett gehen) wollen.
- Umgekehrt gilt: Wenn du deine Augen in den vier bis sechs Stunden vor deinem Temperaturminimum hellem Licht aussetzt, verzögert das deine innere Uhr und du wirst daraufhin später einschlafen und aufstehen wollen.
- In obigem Beispiel mit einem Temperaturminimum um 4:30 Uhr gilt: Wenn du deine Augen ab 4:35 Uhr hellem Licht aussetzt, wirst du am kommenden Abend früher müde und am kommenden morgen früher wach. Sehen deine Augen hingegen um 3:30 Uhr helles Licht, wirst du nach diesem Wachzyklus später müde und am folgenden Tag später aufwachen.3
7. Pflege Schlafrituale
Auch und besonders für Schichtarbeiter gilt: Schlafhygiene dient der Gesundheit. Schlafe in einer kühlen, dunklen, ruhigen Umgebung. Pflege eine Einschlafroutine, meide also bereits Stunden vor dem Einschlafen helles Licht, vermeide Aufregung, fahre runter, komm zur Ruhe. Mehr Tipps für guten Schlaf findest du hier: Hilfsmittel für guten Schlaf
8. Nutze Sport zur Unterstützung deines Rhythmus
Ein Workout nach dem Aufwachen dient der Stabilisierung des Tagesrhythmus. Die sportliche Betätigung setzt Cortisol frei, welches dem natürlichen Tagesverlauf gemäß am Morgen stark ansteigen sollte. Dreißig Minuten hartes Training nach dem Aufstehen heben das Energielevel und verbessern die Erholsamkeit des Schlafs.
9. Ernähre dich zugunsten deiner Energie
Für Schichtarbeiter gilt im Punkt Ernährung das gleiche wie für alle anderen Menschen: Reichlich Protein und geringe Mengen Zucker und Stärke dienen as Energiequelle und verhindern Blutzuckerspitzen und -abfälle, die zu Müdigkeit führen.
Danke für deine wichtige Arbeit!
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