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Was ist so schlimm an Zucker?

Ist Zucker ungesund?»Zucker ist giftig!« schallt es aus allen Ecken des Internets. Viele Diätkonzepte, ganz vorne dabei auch die Paläo-Diät oder Steinzeiternährung, führen dies beinahe als Wahlspruch an vorderster Front. Auch in den Urgeschmack-Rezepten spielt Zucker in seinen verschiedenen Formen selten mit. Dass Zucker ungesund sein kann, scheint unstrittig. Aber warum?

Verschiedene Formen?

Unter Zucker verstehen wir meist jene weißen Kristalle, die wir auch Tafelzucker nennen. Der Stoff also, den man in den Kaffee rührt oder in Kuchenteig kippt. Man kennt ihn auch als Haushaltszucker. Er ist ein Zweifachzucker, mit Namen Sucrose (wissenschaftlich: ein Disaccharid namens Saccharose). Zusammengesetzt ist dieser Zucker aus zwei Einfachzuckern (Monosacchariden) mit Namen Fructose und Glucose – und zwar zu gleichen Teilen.

Es gibt noch weitere Zucker und sie unterscheiden sich oft nur durch das Mengenverhältnis der enthaltenen Einfachzucker. Honig besteht zum Beispiel aus mehr Fructose als Glucose.

Auch Stärke, wie sie in Getreide und Kartoffeln vorkommt, ist ein Zucker. Stärke ist ein Vielfachzucker (Polysaccharid), zusammengesetzt aus einzelnen Glucosemolekülen. In dieser Form schmeckt Stärke nicht süß. Kauf man längere Zeit auf einem Stück roher Karoffel, wird sie süß schmecken. Denn Bestandteile des Speichels (Enzyme) zerlegen die Stärke in ihre Einzelteile. In diesem Fall zersetzt das Enzym Amylase den Vielfachzucker in einzelne Glucoseteile.

Tatsächlich bestehen alle Kohlenhydrate aus Zuckern. Einige wenige davon, wie Zellulose, kann der Mensch nicht verdauen.

Was ist denn nun so schlimm am Zucker?

Das Verdauungssystem des Menschen nimmt Zucker in unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf und trägt ihn als Blutzucker in den Körper. Tafelzucker verdauen wir schnell. Das sorgt für einen entsprechend schnellen und starken Anstieg des Blutzuckerspiegels. Genau dieser Pegel muss jedoch in engen Grenzen gehalten werden, denn ein zu hoher Blutzuckerspiegel schadet dem Menschen. Und auch das Gegenteil, eine Unterzuckerung, ist nicht erstrebenswert. Wenn der Blutzucker Achterbahn fährt, leider besonders das Gehirn.

Um das zu verhindern, hat die Evolution uns das Insulin mit auf den Weg gegeben. Das ist ein Hormon. Und dieses sogenannte Speicherhormon reguliert maßgeblich den Blutzuckerspiegel. Wenn der Blutzuckerspiegel steigt, stößt im Regelfall die Bauchspeicheldrüse in entsprechendem Maß Insulin aus und wirkt diesem Anstieg entgegen.

Und wie macht Insulin das? Durch Speicherung. Es sorgt für eine Einlagerung der Glucose. Die Leber kann einen Teil speichern und auch die Muskeln nehmen diese Energiequelle gerne an. Alles weitere dient dem Aufbau eines Fettspeichers. Mit anderen Worten:

Zucker macht fett

Schuld daran ist das Insulin, das uns durch die Blutzuckerkontrolle alllerdings das Leben rettet. Aber Insulin macht noch mehr:

  • Constantin beschreibt die dreifache Blutdruck-Keule des Insulins: Zucker sorgt auf dem Weg über das Insulin für einen erhöhten Blutdruck.1
  • Ein dauerhaft überhöhter Insulinspiegel kann zu Hyperinsulinismus und Insulinresistenz führen. In der Folge wird das Insulin im Körper weniger wirksam. Das kann sich als Diabetes äußern. Und darunter leiden vermehrt immer jüngere Menschen.
  • Zahlreiche weitere Zivilisationskrankheiten führen wir über die Wirkung des Insulins ebenfalls auf Zucker zurück. Darunter Herz- und Herz-Gefäßerkrankungen, Rheuma, Fibromyalgie sowie andere Entzündungskrankheiten.
  • Auch Alzheimer und Demenz stehen im Verdacht, mehr oder weniger direkt durch Insulin verursacht zu werden. Alzheimer wird gar derzeit gelegentlich als Diabetes-Typ-3 geführt.

Diese Wirkungen sind wissenschaftlich seit vielen Jahrzehnten eindeutig belegt: Kaum ein ernstzunehmender Mediziner bestreitet sie. Uneinigkeit herrscht jedoch über die Folgerung. Es mangelt an der Umsetzung der Konsequenz: Der Verzicht auf stark zucker- und stärkehaltige Lebensmittel lässt sich offenbar schwer durchsetzen.

Der Grund dafür kann auch in der missverständlichen Auswahl der Studien liegen. Untersuchungen zeigen immer wieder: Süßes Obst wirkt nicht wie isolierter Fruchtzucker. Greift man nun die falschen Studien heraus und vergleicht, kommt es zu Verwirrung.

Ist Zucker giftig?

Dr. Robert Lustig suggeriert das, ja.2 Mit einem fulminanten Vortrag zu diesem Thema, machte er vor einigen Jahren auf sich und das Thema aufmerksam. Und nach der rasanten Verbreitung seiner Arbeit im Internet haben zahlreiche Autoren in die gleiche Kerbe geschlagen.

Streng genommen handelt es sich bei dieser Behauptung allerdings um eine leere Phrase: sie enthält keine Angaben zur Dosierung oder die konkrete Wirkung. Denn die Dosis macht das Gift. Selbst wenn ein Teelöffel Zucker alle Eigenschaften eines Toxins erfüllen würde: Diese Menge ist für einen gesunden Menschen praktisch ungiftig. Das gilt für reine Glucose wie für reine Fructose gleichermaßen.

Richtig ist: Zucker hat toxisches Potenzial. Nämlich dann, wenn man ihn überdosiert. Das liegt an der enthaltenen Fructose und auf genau die bezieht sich Dr. Lustig. Diese Differenzierung ist unumgänglich, denn Fructose ist nicht gleich Glucose.

Wann ist Zucker ungesund?

Ab wann diese Toxizität beginnt, darüber ist man sich uneins. Mittelt man die vorsichtigeren Empfehlungen, ergeben sich als Obergrenze für den Verzehr Kohlenhydraten etwa 150 Gramm pro Tag. Darüber kann der Zucker individuell und je nach körperlicher Aktivität die Gesundheit beeinträchtigen – begonnen mit Übergewicht.

Fazit

Zucker kann der Gesundheit schaden. Und der Verzehr von Kohlenhydraten ist nicht lebensnotwendig: Wir brauchen keinen Zucker in unserer Ernährung. Der Körper kann den nötigen Zucker selbst bilden (sog. Glykogenese).

Zucker ist jedoch kein Gift und wir sollten nicht alle Kohlenhydrate brandmarken. Kartoffeln und Getreideprodukte können dick machen, sind jedoch auch Genussmittel, Energielieferanten und oft Ernährungsgrundlage.

Möchte man das richtige Maß finden, sollte man sich nicht allein auf die Menge des Zuckers versteifen. Genauso wichtig ist körperliche Bewegung.

Essen ist nur ein Teil des Lebens. Auf unseren Körper wirken auch Bewegung, Lebenswandel, Umgebung und Mitmenschen. Beachten wir das, wird Essen einfach.

Fußnoten

  1. Gonzalez, Constantin (2012) Blutdruck, Cholesterin-Spiegel und Körperfett zum Selber-Programmieren. paleosophie.de.
  2. Siehe auch Olschewski, Felix (2010) Zucker: Die bittere Wahrheit. Urgeschmack.

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