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Was ist hochwertiges Eiweiß?

Was ist hochwertiges Eiweiß?Eiweiße sind die Grundlage des Lebens. Sie sind Maschinen und Baustoffe für praktisch jeden Prozess im menschlichen Körper. Ohne Eiweißversorgung kann der Mensch nicht überleben. Eiweiße sind daher ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung und viele Ernährungskonzepte empfehlen eine regelmäßige Versorgung mit hochwertigem Eiweiß. Aber was genau ist gemeint? Was ist hochwertiges Eiweiß?

Biochemische Betrachtung: Biologische Wertigkeit

Eiweiße sind Makromoleküle, also große Moleküle, die aus vielen Atomen bestehen. Und ihre Zusammensetzung kann sehr verschieden sein. Ernährungsphysiologisch betrachtet bestehen Eiweiße aus verschiedenen Aminosäuren. Eiweiß ist also nicht gleich Eiweiß.

Eiweiße, und mit ihnen Aminosäuren, sind für den Menschen lebensnotwendige Bausteine und es wurden einige ganz bestimmte Aminosäuren als essenziell identifiziert. Das heißt: Diese Aminosäuren muss der Mensch über die Nahrung aufnehmen, er kann sie nicht selbst synthetisieren.

Wichtig für den Menschen ist also nicht nur die Eiweißmenge (Quantität), die er zu sich nimmt, sondern auch die Zusammensetzung (Qualität). Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, haben Forscher das Prinzip der Biologischen Wertigkeit erarbeitet, das Bezug nimmt auf die Aminosäurenzusammensetzung eines Lebensmittels. Ein Hühnerei weist nach diesem Konzept ein für den Menschen vollständiges Aminosäurenprofil auf und bekommt damit den Referenzwert 100.

Dabei geht es nicht allein um die jeweils enthaltenen Aminosäuren eines Lebensmittels, sondern auch um die Effizienz, mit der der Organismus dieses verwertet. Einfluss darauf hat auch das Verhältnis der Aminosäuren zueinander, es handelt sich also auch hier um keine ganz einfache Rechnung.

Das ist allerdings kein Grund zur Sorge, denn generell gelten Eiweiße aus tierischen Quellen als vollständig, also sehr hochwertig nach diesem Konzept: Ihr Wert liegt oft oberhalb der 100, für einige Sorten wie zum Beispiel Wildschwein sogar bei rund 170.

Probleme können bei einer rein vegetarischen, also pflanzlichen Ernährung auftreten. Denn nicht nur enthalten Pflanzen anteilig grundsätzlich wesentlich weniger Eiweiß als Tierprodukte, sondern sie bieten nach aktuellem Wissensstand fast nie das für den Menschen vollständige Aminosäurenprofil. Einzig die problematische Sojapflanze reicht nah an die Tierprodukte.

Vegetarier müssen deswegen jedoch nicht tot umkippen: Denn durch sorgfältige Kombination von Eiweißquellen können sie sich das nötige Aminosäurenprofil selbst zusammenbasteln. Das ist im Grunde das, was eine vielseitige Ernährung praktisch von selbst leisten kann.

Biologische Wertigkeit vs. PDCAAS

Jedoch steht dieses Konzept in der Kritik und gilt als ungenau. Deswegen haben unter anderem die United Nations und die World Health Organization (FAO/WHO) eine andere Methode als die präziseste erklärt: PDCAAS – Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score. Dieses Konzept berücksichtigt auch die Verdaulichkeit einzelner Aminosäuren. Und auch nach diesem System gelten Eiweiße aus tierischen Quellen als die hochwertigsten.

Hochwertiges Eiweiß ist also so zusammengesetzt, dass es den Menschen optimal mit Aminosäuren versorgt. Ist das alles? Nein.

Ganzheitliche Betrachtung: Wo kommt das Eiweiß her?

Eiweiß ist nur ein Makronährstoff. Es wächst nicht als Frucht an Bäumen und läuft auch nicht auf vier Beinen umher. Es ist lediglich Teil eines ganzen Lebensmittels, mal mehr und mal weniger. Eine hochwertige Eiweißquelle können und sollten wir daher nicht auf ihr Aminosäurenprofil, auf Biologische Wertigkeit oder PDCAAS reduzieren.

Da sind zunächst andere Nährstoffe, Mineralstoffe, Vitamine, Antioxidantien und natürlich Kohlenhydrate und Fette, die in praktisch jedem Nahrungsmittel in verschiedenen Mengen vorkommen.

Ein Hühnerei ist nicht nur wegen seines vollständigen Aminosäurenprofils so wertvoll, sondern auch aufgrund eben dieser anderen Bestandteile. Und als Resultat hat es einen einzigartigen Geschmack. Mag auch das eine oder andere extrahierte Eiweißpräparat in Pulverform eine höhere Biologische Wertigkeit haben, so kann es trotzdem nie den ernährungsphysiologischen Wert eines echten Lebensmittels wie dem Hühnerei ersetzen.

Eine hochwertige Eiweißquelle enthält also neben einem guten Aminosäurenprofil auch möglichst viele Vitamine und Mineralstoffe. Tierische Quellen leisten dies ebenso wie pflanzliche. Wobei auch hier Tierprodukte effizienter sind, da in der Regel schlichtweg ihre Eiweißkonzentration höher ist: Um die gleiche Menge Eiweiß aufzunehmen, muss der Mensch bei pflanzlichen Quellen meist wesentlich mehr Kalorien und Masse essen (nämlich Kohlenhydrate, Fette und Ballaststoffe).

Reicht es also, einfach stets zu Tierprodukten zu greifen? Leider nein. Auch hier ist eine Differenzierung unbedingt nötig. Und dies bezieht sich nicht etwa vornehmlich auf Tierarten, sondern auf die Haltungsmethoden. In Bezug auf die Nährstoffzusammensetzung zeigt sich beispielsweise Rindfleisch aus Weidehaltung wesentlich gesünder als Fleisch aus Massentierhaltung (und entsprechender Kraftfutterversorgung der Tiere).

Für alle tierischen Eiweißquellen gilt: Je gesünder das Tier gelebt hat, je biologisch korrekter und höherwertig die Futtermittel waren und je art- und tiergerechter es gehalten wurde, desto vorteilhafter ist auch sein Fleisch für den Menschen. Alle Aspekte des Lebens eines Tieres haben Einfluss auf die Zusammensetzung seines Körpers. Eine gesundes, glückliches Rind ist eine messbar höherwertigere Eiweißquelle als ein Tier aus Massentierhaltung. Unter anderem die Fettsäurenzusammensetzung ist drastisch unterschiedlich.

Diese Hochwertigkeit sollte auch den Geschmack einbeziehen, den kulinarischen Genuss. Und auch hier ist das Fleisch aus Weidehaltung ein klarer Gewinner. Das mag am langsameren Wachstum liegen und am höheren Nährstoffgehalt. Das Gehirn des Menschen (wie auch sein Hormonsystem) kann mit beachtlicher Geschwindigkeit feststellen, ob die in einer Mahlzeit enthaltenen Nährstoffe ausreichend sind. Auf diesem Wege hat es Einfluss auf den Appetit, welcher mit unserem Geschmacksempfinden verknüpft ist.

Zuguterletzt kann noch mehr in Lebensmitteln stecken: Schadstoffe. Eine hochwertige Eiweißquelle enthält frielich möglichst wenig Schadstoffe und es überrascht kaum, dass auch hier Fleisch aus art- und tiergerechter Haltung der Ware aus industrieller Intensivtierhaltung überlegen ist.

Für pflanzliche Quellen gilt selbstredend das gleiche: Je höher die Nährstoffdichte pro Kalorie und Volumen, desto höherwertiger das Eiweiß. Je weniger Schadstoffe, also Pestizide, Herbizide und Insektizide, in der Erzeugung, desto besser und je langsamer das Wachstum, desto höher die Nährstoffdichte und intensiver der Geschmack. Auch hier zeigt sich, dass möglichst natürlich gewachsene Pflanzen die besseren Nährstoffquellen sind. Auch etwaige Anti-Nährstoffe sollten hier Beachtung finden.

Eine ganzheitliche Betrachtung darf die Nachhaltigkeit nicht außer Acht lassen. Es wäre zynisch, eine Eiweißquelle als hochwertig zu bezeichnen, die grundsätzlich die Umwelt dergestalt beschädigt, dass eine künftige Lebensmittelversorgung nicht mehr möglich ist. Auch hier sollten wir tierische wie pflanzliche Quellen auf den Prüfstand stellen. Und auch hier zeigt sich, dass die industrielle Produktion von Eiweiß aus tierischen (Massentierhaltung) und pflanzlichen (Soja aus Monokulturen) Quellen nicht in hochwertigem Eiweiß resultieren kann.

Fazit: Was ist hochwertiges Eiweiß?

Beide Betrachtungen halte ich für wichtig:

Hochwertiges Eiweiß erfüllt die Anforderungen meines Körpers und stellt ein vollständiges, ein optimales Aminosäurenprofil bereit. Das können tierische Quellen und das können mit etwas Sorgfalt auch kombinierte pflanzliche Quellen.

Hochwertiges Eiweiß kommt in nährstoffreicher, schadstoffarmer Form, es schmeckt köstlich und stammt aus nachhaltiger Produktion. Auch in diesen Punkten bedürfen tierische und pflanzliche Quellen einer kritischen Beurteilung.

Eine sorgfältige und bewusste Lebensmittelwahl führt offenbar auch in diesem Fall zum Erfolg. Die vegetarische Ernährung scheint durch die Notwendigkeit der Kombination pflanzlicher Lebensmittel und die geringere Eiweißdichte aufwändiger als eine carnivore Ernährung zu sein. Rohköstler sollten ihrerseits die teils schlechtere Verdaulichkeit roher Eiweiße beachten.

Quellen und weiterführende Informationen:

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