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Umami: Gesünder essen mit Glutamat

Salz, Zucker und Fett: Wer davon zu viel isst, riskiert Krankheiten. Übergewicht, Herz-Gefäßerkrankungen, Diabetes sowie neurale und mentale Erkrankungen gehen auf das Konto dieser Zutaten. Mit ihrer Hilfe verleiten Hersteller uns, immer noch mehr ihrer Produkte zu essen.1 Fast jeder, der sich mit seiner Ernährung befasst, erfährt früh von einer möglichen Fehlernährung mit zu viel Salz, Zucker und Fett.

Zugleich leiden viele Menschen an den Folgen anderer Fehl- und Mangelernährungen, beispielsweise weil sie nicht genügend Gemüse essen. Besonders häufig mangelt es Menschen in Pflegeeinrichtungen an Appetit. Doch auch alleinstehende Erwachsene essen oft unregelmäßig und mangelhaft. Um die empfohlenen Gemüsemengen für sich genießbar zu gestalten, würzen sie oft – mit Salz, Zucker und Fett.

Die einen essen zu viel, die anderen zu wenig: Warum? Appetit hängt direkt mit Geschmack, Geruch und Aussehen des Essens zusammen, jedoch auch mit Sättigung und Befriedigung; die Menge ist zweitrangig. Schmeckt das Essen den einen zu gut, den anderen nicht gut genug? Das ist zu einfach gedacht.

Der unterschiedliche Appetit muss mit dem ultimativen Grund für das Essen verknüpft sein. Wir essen primär, um zu überleben. Und das tun wir nicht wahllos. Menschliches Geschmacksempfinden und entsprechende Vorlieben wurden wahrscheinlich durch die Evolution gebildet und konditioniert:

Süßes führt den Menschen zu Kohlenhydraten und viel Energie; salziges deutet auf lebenswichtige Ionen wie Natrium oder Kalium; Säure zeigt die Reife von Obst oder Gemüse an; und Bitterkeit ist eine Warnung vor potenziell giftigen Bestandteilen. Wer diese vier Grundgeschmäcke wahrnehmen kann, findet bessere Nahrung und ist evolutionär im Vorteil. In der Reihe fehlte: Umami, der Geschmack des lebenswichtigen Stoffs Glutamat. Er signalisiert Aminosäuren und Proteine. (Gutamat ist nicht ungesund, sondern lebenswichtig; siehe auch Umami: Glutamat in der Muttermilch.)

Umami ist daher ein natürlicher Hinweis auf nahrhafte Lebensmittel. Untersuchungen am Gehirn stützen den evolutionären Nutzen des Umamischmeckens. Schon der menschliche Fötus und das Neugeborene schmecken Umami: Süße und Umami sind in Form von Laktose und Glutamat wesentliche Eigenschaften der Muttermilch. Der Umamigehalt von Lebensmitteln steigt durch Verarbeitungsschritte wie Kochen oder Fermentation2 – beides erhöht auch den Nährwert.

Die Vorliebe für Umami liegt in der Natur des Menschen. Wer mit Rücksicht auf Umami kocht, kann demnach appetitlosen Menschen helfen, sich besser zu ernähren.

Sollten dann diejenigen, die zu viel essen, Umami meiden? Im Gegenteil. Auch wer bereits zu viel isst, dem fehlt vielleicht Umami. Erinnern wir uns: Der Mensch ist genetisch programmiert, Glutamat zu suchen, weil es ein Zeichen für lebenswichtige Nährstoffe ist. Finden wir es nicht, suchen – und essen – wir immer weiter. Wer seinen Heißhunger nicht zu stillen vermag, dessen Körper ist vielleicht nur auf einer verzweifelten Suche nach Umami.3 Mehr Umami im Essen wäre dann die Lösung, um weniger zu essen.

Doch nicht nur von ihrem Appetit geplagte gewinnen durch mehr Umami auf dem Teller. Denn mit Umami lassen sich in fast jedem Essen genau die drei verdächtigen Zutaten, Salz, Zucker und Fett, reduzieren, ohne den Genuss zu beeinträchtigen:

  • Mit nur 0,1 – 0,8 % Glutamat kann man die nötige Salzmenge um 50 % reduzieren, ohne die Genießbarkeit zu beeinträchtigen.4
  • Glutamat verstärkt auch süßen Geschmack und man unterdrückt dadurch unerwünscht sauren Geschmack in Tomatenprodukten oder eingelegtem Gemüse.
  • Auch Bitterkeit lässt sich durch Umami reduzieren.
  • Sogar den Fettgehalt kann man durch Glutamat um bis zu 30 % reduzieren ohne Minderung der Genießbarkeit.5

Wer beim Kochen auf Umami Acht gibt, kann also schmackhafteres Essen zubereiten das mehr befriedigt und gleichzeitig mit weniger Salz, Zucker und Fett auskommt.

Wichtig ist dabei der natürliche Umamigehalt: Der sättigt und befriedigt, indem er den Nährstoffbedarf deckt. Setzt man Glutamat als isoliertes Gewürz in Pulverform ein und folgt damit dem Vorbild der Lebensmittelindustrie, betrügt man seinen Körper um die entsprechenden Nährstoffe und verschärft das Problem.

Umami kann Probleme des Appetits lösen und so jenen Menschen helfen, die zu viel oder zu wenig essen. Wie man das beim Kochen nutzen kann? So: Besser Kochen mit Umami

Fußnoten

  1. Olschewski, Felix (2014) Wie die Lebensmittelindustrie uns manipuliert: Salz, Zucker und Fett. Urgeschmack.
  2. Mouritsen, Ole G. Umami flavour as a means of regulating food intake and improving nutrition and health. Nutrition and Health 21(1) 56-75. Jan. 2012.
  3. Siehe auch Olschewski, Felix (2017) Woher kommt der Heißhunger? Urgeschmack.
  4. Yamaguchi S, Takahashi C. Interactions of monosodium glutamate and sodium chloride on saltiness and palatability of a clear soup. J Food Sci. 1984;49:82–5
  5. Bellisle F. Experimental studies of food choices and palatability responses in European subjects exposed to the umami taste. Asia Pacific J Clin Nutr. 2008;17(S1):376–9.

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