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Die Low Carb Grippe

Low Carb GrippeBei der Umstellung auf eine Ernährung mit weniger Kohlenhydraten kommt es anfangs oft zu Schwierigkeiten: Schlappheit, ständiger Hunger und Kopfschmerzen sind nicht unüblich: Das ist die Low Carb Grippe. Was hat es mit dieser Krankheit auf sich? Wie entsteht die Low Carb Grippe? Welche weiteren Probleme kann diese Ernährungsumstellung mit sich bringen und vor allem: Was kann man dagegen tun? Eines vorweg: Man muss keinesfalls aufgeben.

Was ist die Low Carb Grippe?

Die Low Carb Grippe grassiert unter verschiedenen Bezeichnungen: Low Carb Flu (ital. influenza oder engl. flu = Grippe), Atkins-Grippe oder Atkins-Flu. Glaubt man dem Duden, müsste es eigentlich Low-Carb-Grippe mit Bindestrichen heißen, verbreitet ist diese Schreibweise des Anglizismus nicht.

Symptome dieser Erscheinung ähneln der klassischen Grippe: Kopfschmerzen, Lethargie, Schlappheit, Benebeltheit, jedoch auch Reizbarkeit und scheinbar unendlicher Hunger (besonders auf Kohlenhydrate).

Sollte man sich durch eine Kohlenhydratarme Ernährung nicht besser fühlen? Was ist mit den Versprechungen aus den Lagern der LCHF-, Atkins- und Paleo-Fans?

Ursache der Low Carb Grippe ist eine Umstellungsphase. Wer bislang seine Energie vornehmlich aus Kohlenhydraten gewonnen hat und nun entschieden weniger davon konsumiert (häufig eine Reduktion des Kohlenhydratverzehrs auf ein Viertel oder ein Zehntel), stellt seinen Körper vor eine Herausforderung:

Er verlangt das Äquivalent einer Umstellung des Motors von Benzin auf Diesel.

Das soll der einzige Autovergleich in diesem Artikel bleiben, denn so überschaubar wie ein Verbrennungsmotor funktioniert der Mensch nicht.

Die Ursache der Low Carb Grippe

Was dem Menschen bei der Umwandlung von Kohlenhydraten aus der Nahrung in verwendbare Energie hilft, sind Enzyme. Enzyme sind die Macher im Körper. Ohne Enzyme läuft fast gar nichts.

Wer nun seinen Kohlenhydratkonsum stark reduziert und konzeptgemäß mehr Fett als Energiequelle isst, macht einen Großteil seiner Enzyme arbeitslos. Zugleich bestehen (noch) nicht ausreichend Enzyme, die bei der Verwertung von Fett als primäre Energiequelle helfen.

Der Körper muss nun also seine Belegschaft umschulen, will meinen: neue Enzyme bilden, welche die veränderte Aufgabe erledigen können. Und diese Umschulung braucht Zeit. In der Regel ist das Schlimmste binnen einer Woche überstanden, nach 3-4 Wochen läuft meist alles wie geschmiert.

Die Low Carb Grippe ist also das Resultat einer Art Energiemangel, verursacht durch eine verzögerte Anpassung des Menschen. Dieser Prozess ist teils auch bekannt als Ketoadaption.

Dabei sind nicht alle Menschen gleichermaßen betroffen. Für einige verläuft die Umstellung problemlos oder binnen sehr kurzer Zeit, während andere sehr intensive Symptome möglicherweise über zwei Wochen verspüren.

Im Anschluss an diese Schlappe jedoch, wenn sie die Früchte ihrer Ernährungsumstellung ernten, sind die meisten Anwender überzeugt, dass es diesen Preis wert war.

Low Carb Probleme jenseits der Low Carb Grippe

Die Low Carb Grippe beschreibt vornehmlich die Auswirkung der Umstellung und gegebenenfalls Ketoadaption auf den Körper. Doch die genannten Symptome und damit verwandte Phänomene können auch andere Ursachen haben. Besonders dann, wenn sie länger andauern:

Zu wenig Fett, zu wenig Energie: Ein häufiger Fehler bei der Reduktion des Kohlenhydratverzehrs ist das Versäumnis, ausreichend Fett zu essen. Fett muss jedoch die Kohlenhydrate als Energiequelle ersetzen. Wer zu sparsam mit dem Fett umgeht, kann kaum Leistung erbringen und muss mit den genannten Symptomen rechnen.

Zu viel Protein: Protein ist lebenswichtig und nützlich. Allerdings kann überschüssiges Protein zu einem Prozess namens Gluconeogenese führen: Der Körper bildet Glucose (Kohlenhydrate) aus dem Überschuss. Das ist das Gegenteil von dem, was der Anwender eigentlich erreichen möchte und es kann die Low Carb Grippe verlängern. Obwohl Eiweiß eine Energiequelle ist, sollte die Energieversorgung bei der Low Carb Ernährung durch Fett erfolgen. Daher auch der häufige Ausdruck LCHF: Low Carb High Fat. Decken Sie also ihren Proteinbedarf (1-1,2g/kg/Tag) und gehen Sie gegebenenfalls auch darüber hinaus, doch übertreiben Sie es nicht.

Zu viel Sport, zu intensiver Sport: Kohlenhydrate sind eine exzellente Energiequelle für intensive körperliche Betätigung. Wer in seiner Umstellungsphase körperlich besonders aktiv ist, verbraucht den letzten Rest seiner Kohlenhydrate und beraubt sich weiterer Energie. Es ist daher in der Umstellungsphase weniger ratsam, sich all zu große sportliche Leistung abzuverlangen. Sinnvoller ist, kurz zu warten, bis der Körper sich angepasst hat.

Zu wenig Geduld: Wer den Entschluss fasst, sein Leben zu verändern und seine Ernährung umzustellen, dem kann es oft nicht schnell genug gehen. So jemand möchte voller Enthusiasmus schnelle Erfolge sehen und jeder Fortschritt spornt ihn an, noch mehr zu tun. Das Resultat ist oft eine Scheu vor Fett (in dem Glauben, Fett mache fett) oder übereifriger Sport. Andererseits verlangt so jemand vielleicht auch von sich, dass der Körper sofort anders funktioniert und der Alltag normal weitergeht. Sinnvoller scheint, Geduld zu haben, es langsam anzugehen und sich der körperlichen Herausforderung bewusst zu sein. Arbeiten Sie mit ihrem Körper, nicht gegen ihn.

Elektrolytmangel, Salzmangel: Weniger Kohlenhydrate bedeuten weniger Insulin im Blut. Weniger Insulin veranlasst die Nieren, weniger Flüssigkeit zu speichern. Auf diesem Weg reduziert sich das Körpergewicht, das Volumen und auch der Blutdruck. Zusammen mit der Flüssigkeit verlassen jedoch auch Salze den Körper. Das Resultat kann eine Störung des Elektrolythaushaltes sein. Natriummangel führt unter anderem zu Müdigkeit, Magnesium- und Kaliummangel haben ebenfalls negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit. Es ist also unbedingt auf eine ausreichende Versorgung mit Salzen und Mineralstoffen zu achten. In der Regel genügt dafür eine vielseitige Ernährung von frischem, buntem Gemüse und hochwertigen Tierprodukten, sowie Fett zur optimalen Nährstoffaufnahme.

Dehydration: Der zuvor genannte Flüssigkeitsverlust kann freilich auch Dehydration, also Wassermangel zur Folge haben. Ratsam ist daher, ausreichend Wasser zu trinken und so die optimale Funktionsfähigkeit des Körpers sicherzustellen.

Mittel gegen die Low Carb Grippe

Langsame Umstellung: Die Low Carb Grippe entsteht durch eine drastische Umstellung von Kohlenhydrat- auf Fettstoffwechsel. Umgehen kann man sie oft, in dem man keine drastische Vollbremsung vollzieht. Um etwa von 600g auf 60g Kohlenhydrate am Tag zu kommen, könnte man über eine Woche hinweg täglich die Zufuhr um 10-20% reduzieren und so dem Körper langsam aber beständig signalisieren, dass künftig etwas anders laufen wird.

Nicht zu viel Protein essen und mehr Fett konsumieren: Dies behebt den oben genannten häufigen Fehler einer Scheu vor Fett. In Kombination mit der zuvor genannten, langsamen Umstellung, kann sich so auch ein ungeübter Darm auf den erhöhten Fettverzehr einrichten.

Ausreichende Nährstoffversorgung: Wer sich von echten, frischen und vielseitigen Lebensmitteln ernährt, versorgt seinen Körper optimal mit Nährstoffen und hilft gegen Elektrolyt- und Energiemangel.

Genügend trinken: Dies hilft gegen die angesprochenen Leistungseinbußen durch Dehydration.

Vorher sportlich sein: Wer sportlich lebt, hilft seiner metabolischen Flexibilität. Wer metabolisch flexibel ist, hat kaum Probleme bei der Umstellung von Kohlenhydrat- auf Fettstoffwechsel. Wer körperlich kaum aktiv ist und sein Leben umstellen möchte, könnte sich einen mittelfristigen Plan machen und damit beginnen, regelmäßig Sport zu treiben und erst dann seine Ernährung umzustellen.

Nicht auf Low Carb umstellen: Man muss nicht Low Carb essen, um gesund zu leben oder abzunehmen. Es mag zum Fettabbau hilfreich sein, doch für einige Menschen funktioniert eine Low Carb Lebensweise besser als für andere. Gesundheitlich profitieren kann man auch dann, wenn man viel frisches Gemüse und hochwertige Tierprodukte isst, ohne auf Kohlenhydrate etwa aus Süßkartoffeln oder Bananen zu verzichten.

Rezept gegen Low Carb Grippe: Nicht auf den Körper hören

Der Körper schreit in der Umstellungsphase während der Low Carb Grippe nach Kohlenhydraten. Wer auf ihn hört, verliert den Kampf. Dass der Körper wisse, was gut für ihn ist, mag plausibel klingen, doch es setzt eine andere Welt voraus. Eine, in der wir nicht an jeder Hausecke mit Süßigkeiten und Backwaren überhäuft werden.

Insofern ist der Verzicht auf Zucker oder die Reduktion des Kohlenhydratverzehrs absolut vergleichbar, mit dem Versuch, Alkohol, Zigaretten, Heroin oder Schokolade aufzugeben: Wer auf seinen Körper hört, wird verlieren.

Mit dem Wissen um die Ursachen der Low Carb Grippe und den entsprechenden Gegenmaßnahmen und Rezepten sollte es jedoch leichter fallen, durchzuhalten.

Fast alle, die es durchgestanden haben und sich des dadurch neuen Körpergefühls (zum Beispiel Appetitzügelung, verbesserte Herzgesundheit, Fettabbau und ein stabiler, erhöhter Energiespiegel) erfreuen, sind im Nachhinein der Meinung, dass es die Mühe wert war.

Weiterführende Literatur:

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