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Fasan: Rezept für ein schönes Abenteuer

„Sie können das Tier jetzt abholen.“

„OK, ich komme gleich vorbei“, antworte ich und hänge auf.

Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Als ich eine Woche zuvor einen örtlichen Jäger anrief um ihm von meinem Wunsch zu unterrichten, haben wir nicht über Details gesprochen.

Also packe ich mich in Jacke, Schal und Mütze und steige in’s Auto. Es sind zwar nur 2km, aber bei den Straßenverhältnissen an diesem Tag ist das Auto definitiv das sicherste Verkehrsmittel. Der Schnee liegt bretthart und spiegelglatt und so mache ich mir einen Spaß daraus, mit angezogener Handbremse durch die Kurven zu gleiten. Ja, hier auf dem Dorf geht sowas noch.

Beim Jäger meiner Wahl angekommen, geleitet dieser mich in den Garten. Dort viele Meter vorbei an einer Hütte bis weit hin zu noch einer Hütte. Ein gewaltig großes Grundstück ist das.

Und da liegt es, das Tier meiner Wahl. Zwischen Wildenten und, wenn ich das richtig sehe, zwei Eichelhähern. Ein Fasan. Tot, versteht sich.

Warum ein Fasan?

Weil ich noch nie einen gegessen habe. Und weil es sie hier im Überfluss gibt. Nun habe ich keinesfalls das Bedürfnis, wirklich alles mal zu probieren, was die Welt hergibt. Durchaus hat sich bei mir allerdings eine Offenheit für sehr vieles Neues entwickelt, was für mich Teil des Lernprozesses ist, den Sie hier auf Urgeschmack nun seit fast zwei Jahren miterleben können. Ein Fasan ist, auch wenn die Mehrheit der Menschen in ihrem ganzen Leben keinen einzigen isst, aber nichts wirklich besonderes, besonders hier auf dem Land.

Für den Fasan interessierte ich mich, weil ich von Hähnchen enttäuscht bin. Selbst die besten, zufriedensten, art- und naturgerecht aufgezogenen Tiere sind weitgehend geschmacksbefreit. Damit reihen sie sich ein in die Riege der massenproduzierten Fleischlieferanten. Rind, Schwein und Hähnchen, der deutschen Lieblinge, zeichnen sich durch weitgehende Unauffälligkeit im Geschmack auf. Und selbst Produzenten, die mit sagenhaft nachhaltigen, Tier- und naturfreundlichen Methoden arbeiten, Menschen wie Josef Behrens oder Frank de Feijter, müssen sich anhören, dass ihre Produkte vielen Käufern „zu sehr“ nach Rind respektive Schwein schmecken. Ja richtig, wozu gibt es denn Ketchup?

Da verwundert es kaum, dass Wild keine größere Verbreitung auf den Esstischen findet. Ich mag das nicht weiter beklagen, denn letztlich bleibt dann mehr für mich übrig. Ja, ich bin zwar der gebratenen Ente weltgrößter Fan, aber besonders das Wildschwein hat es mir ebenso angetan. Der Fasan ist ja nun eher ein Wildvogel und so versprach ich mir von ihm ein erfüllenderes Geschmackserlebnis als von seinen domestizierten Cousins.

Beute

Mit Schmackes bekomme ich das Tier am Hals in die Hand gedrückt, bezahle die vereinbarten 9€ und stiefele nach ein paar, typisch-emsländisch sehr kurzen, verabschiedenden Worten zurück zu meinem Auto.

Aha. Ich muss ihn also selbst rupfen und ausnehmen. Damit hatte ich zwar fest gerechnet, aber klar war das vorher nicht. Denn viele Jäger in unserer Umgebung verkaufen das Fleisch auch fertig zerlegt und abgepackt. Letztlich kam mir genau diese Abweichung aber sehr gelegen, denn ich suche stets den engen Kontakt zu meiner Nahrung. Es kann nicht schaden, einmal selbst so ein Tier komplett vorbereitet zu haben. Man erlangt allerlei Einblicke und Einsichten, die den eigenen Blick auf besonders die industrielle Produktion in ein neues Licht setzen.

Zu Hause angekommen geht es sogleich an die Arbeit: Ein paar Zeitungen werden auf dem Boden ausgebreitet, ein Eimer mit Wasser bereitgestellt und schon zupfe ich dem Tier fleißig die Federn aus. Fasanenfedern sind beliebt und im Geschäft teuer und so findet sich auch noch während des Rupfens eine dankbare Bastlerin, die mir einen Teil des Vogelkleids abnimmt.

Ein Fasan hat eine sehr dünne und magere Haut und so scheint es mir aufgrund der gebotenen Vorsicht etwas aufwändiger, das Tier vollständig und ohne größere Beschädigungen zu rupfen. Aber nach ca. 30 Minuten ist die Arbeit schneller, sauberer und unkomplizierter erledigt als erwartet. Nicht schlecht für mein erstes Mal.

Chirurgie für Anfänger

Den nächsten Schritt habe ich bereits mehrere Dutzend Mal im Detail an Hühnern beobachtet und so mache ich mich mit furchtlos mit einem scharfen Messer an das Ausnehmen des Fasans. Ein kleiner Schnitt oberhalb der Brust um Kropf, Luft- und Speiseröhre zu entfernen. Eine saubere Sache.

Der zweite Schnitt erfolgt knapp unter dem Brustbein, wo ich die Haut so weit aufreiße, bis ich mit zwei Fingern von innen entlang des Brustbeins in das Tier fahren kann um die Innereien herauszulösen und zu -ziehen. Ebenfalls ein sehr einfacher und sauberer Vorgang. Einzig der Geruch überrascht mich. Es riecht intensiv. So riecht es also in diesen Tieren. Mit einem kurzen Schnitt um den After herum löst sich das Darmende vom Tier und vor mir liegt ein nackter Vogel wie aus dem Bilderbuch.

Moment, etwas fehlt noch: Ein weiterer Griff in die Brusthöhle bringt Herz und Lungen zutage und nach einem kurzen Wasserbad ist der Fasan bereit für den Ofen. Da bin ich dann doch stolz auf mich.

Allerdings lege ich ihn noch eine Nacht in den Kühlschrank. Das Tier lag einen Tag beim Jäger, meine Recherchen zur Reifezeit deuteten meist auf 3-4 Tage hin. Und einen Tag später passt es mir ohnehin besser.

Was die Fleischzubereitung angeht, so bin ich Purist.  Das Tier bekommt bei mir eine kurze Massage mit Olivenöl, Salz und etwas Pfeffer und verschwindet dann für eine Stunde im 100°C heißen Ofen, gefolgt von einer 30-minütigen Bräunungsphase bei 150°C.

Nicht bleifrei

Irgendwie muss man die Tiere ja vom Himmel und aus dem Leben bringen. Schrot ist das Mittel der Wahl und so viel Mühe ich mir auch gegeben habe, die eine oder andere Kugel fand sich dann doch noch im gegarten Tier. Macht aber nichts, man soll ja sowieso vorsichtig und genussvoll kauen.

Und es schmeckt: fein! Ehrlichgesagt habe ich mir einen intensiveren Geschmack vorgestellt und tatsächlich haut mich das Bisschen austretender Bratensaft mit Fett vom Hocker. Doch das Fleisch selbst hat ein eher feines Aroma mit einer ganz leichten Wildnote. Es ähnelt durchaus einem ausgezeichneten Hähnchen, hat jedoch eine zartere Struktur.

Fazit

Geschmacklich schlägt der Fasan jedes Hähnchen. Aber mit einer Ente (bzw. Warzenente) ist er keinesfalls zu vergleichen. Für mich persönlich schmeckt ein Fasan genau so, wie ein Hähnchen schmecken sollte. Er kann somit das Hähnchen auf dem Speiseplan ersetzen, vermag jedoch unter keinen Umständen Ersatz für Enten oder Gänse zu leisten.

Was den Preis angeht, so schwankt dieser je nach Bundesland und Jagdgebiet. In der Regel gelten hier Stückpreise, wobei der Richtpreis zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen mit 5-7,50€ sehr attraktiv ist. Die Tiere wiegen im küchenfertigen Zustand zwischen 600-1200g, teils auch mehr.

Das eigenständige Rupfen und Ausnehmen eines solchen Tieres kann ich nur empfehlen. Es ist eine befriedigende und überraschend saubere Arbeit.

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